Der deutsche Auto-Kult

Kultur oder Kult ?


Parkplatz-Bild



Das Auto wurde zwar in Deutschland erfunden, aber es ging in den USA in Serie. Dennoch wird dort seinem Kult zumindest im normalen Straßenverkehr mit Resten einer protestantischen Zurückhaltung gehuldigt, während dieser hier regelmäßig in babylonische Wagenrennen und Schlimmeres ausartet.

In großen Teilen der Bevölkerung beider Länder ist das Auto der wichtigste Bestandteil ihrer Initiationsriten, die schon einige Blechschäden und manchmal mehr fordern müssen, um die Härte der zur Reife gelangenden Jugendlichen unter Beweis zu stellen. Schließlich bestimmt ihre Generation für die nächsten zwanzig Jahre maßgeblich das Geschehen dieser Gesellschaften, die in ihrem Kern auf dem Automobil aufgebaut sind.


Sind viele Unfälle auch jugendlicher Unerfahrenheit zuzuschreiben, so entwickeln sich auf den Straßen Europas außerdem noch besondere Verkehrsrüpel, deren Treiben die Behörden kaum Einhalt gebieten. Offenbar sind sie wichtige Repräsentanten der Autokultur, denen niemand in die Quere kommen darf.

Dichtes Auffahren gehört zu den elementaren Rechten des inneren Zirkels ihres unheiligen Kultes. Ihre Gedanken an die Blech- und körperlichen Schäden, die sie durch Drängeln und Rasen verursachen können, versetzt sie in permanente Hysterie und Extase.

Die Bevölkerung findet es offenbar normal, durch rüpelhafte Fahrer/innen gedemütigt, beleidigt, entmündigt und um Eigentum und Gesundheit gebracht zu werden. Womöglich bewundert sie insgeheim das furchtlose Treiben der Teufel und Teufelinnen, die viel schneller zuschlagen als man sich ihre Autonummern merken kann.

Das ist darauf zurückzuführen, dass die am stärksten industrialisierten Gesellschaften, wie schon erwähnt, die Erziehung zum Autofahren sehr ernst nehmen.

Kein Wunder also, dass sich hier Autofahrer/innen für enorm clevere Burschen und Mädchen halten, die leider mit einem unerträglichen Problem zu kämpfen haben, dem Nicht-Autofahrer.
Wenn schon der gewöhnliche Autofahrer in dieser Haltung immer noch durch kurze freie Strecken bestärkt wird, auf denen er oder sie Gas geben kann, um wieviel wichtiger sind dann spezielle Schnellstraßen für Berufsautofahrer/innen, auf denen sie richtig rasen dürfen – zum Beispiel zum Friseur!



Es scheint nur eine winzig kleine Minderheit zu sein, die den durch den Automobil-Kult entstehenden Schaden nicht hinnehmen will. Aber Statistiken und objektive Erwägung offenbaren die Gefährlichkeit dieser Verhaltensweisen für Einzelne ebenso wie für das Gesellschaftssystem selbst. Der lasche Umgang mit extrem gefährlichen Verkehrsdelikten und Verkehrsverbrechern vergrößert die durch sie provozierten Risiken.

Von 6000 Verkehrstoten jährlich sollen 2000 Tote durch notorische Rowdys verursacht werden. Zwar sollen die gefährlichsten Unfallverursacher dem „Typus des 18-25jährigen männlichen Wiederholungstäters“ angehören, die sich „durch das Autofahren ihren Wert in der Gesellschaft gewaltsam zu erkämpfen“ versuchen. [Martina Müller: Verkehrsrowdys verursachen wesentlich mehr Unfälle. www.3sat.de, 6.12.2005.]

Möglicherweise sind es aber vielmehr Marketing, Medien und schlechte Vorbilder, die schon den Jugendlichen Menschen verachtende Verhaltensweisen angewöhnten.

Schon in der Fahrschule lernten sie, dass, wer langsam fährt, eine Unfallgefahr darstellt, - und so steht es sogar in der Straßenverkehrsordnung (§ 3 (2)).


Die Fraktion der bewusst herbeigeführten Irreführung will natürlich auch im Internet die Oberhand gewinnen. Hier gilt nur der Raser als Autofahrer, und wer sich an Verkehrsregeln hält, hat seinen Führerschein in der Lotterie gewonnen.


Copyright © 21.7.2007 St. Th. Hahn






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