Transformation


Die organismische Evolution fand wohl nicht ausschließlich infolge äußerer Faktoren statt. Andererseits ist die Evolution der Menschheit nicht ausschließlich ihrer Ideenwelt zuzuschreiben, die ja einer außerordentlichen Bandbreite von Irrtümern unterliegt.

Die Menschheit wurde in der Vorgeschichte durch exogene Bedingungen einer Wandlung unterworfen, in ihrer weiteren Entwicklung aber mehr durch endogene Vorstellungen und Ängste gegenüber jenen Bedingungen bewegt als durch Evidenz.
Dabei wurden die auf diesem Weg geschaffenen endogenen Bedingungen zunehmend selbst zu einer Bedrohung.


Die auffälligen Wandlungsprozesse, die sich weltweit nicht nur gesellschaftlich, sondern auch biologisch bemerkbar machen, können auf völlig gegensätzliche Ursachen zurückgeführt werden:


Transformation definiert sich scheinbar als das Gegenteil von Evolution. Doch auch wenn sie infolge der katastrophischen Einwirkung des Menschen und von Naturgewalten erfolgt, kann sie Teil des evolutionären Prozesses werden.


Das größte Interesse verdienen transformierende Methoden, die den Lebenserhalt des einzelnen Menschen erleichtern könnten. Ihre Fortentwicklung wird von allgemein zugänglichen kognitiven Fähigkeiten, aber auch von der Dominanz bestimmter Gruppen bestimmt.

Die Konzepte einer zentral gelenkten, gesamtgesellschaftlichen oder sogar globalen technologischen Transformation sind in Frage zu stellen, weil gewaltige Infrastrukturen, Strategien und Waffensysteme nicht unbedingt zu den intelligentesten Konzepten des Lebenserhaltes gehören.

Die Naturausstattung bleibt ein sehr gewichtiger Faktor, der sich allerdings unter Einwirkung von gesellschaftlichen und klimatischen Veränderungen stark verändert hat, auch durch die Verminderung und Verlagerung von Ressourcen. Unter diesen Gesichtspunkten müssen auch die aktuellen und potentiellen Fluktuationen von Populationen und Agrarräumen betrachtet werden.




Transformation als Comfort


Vielleicht gibt es Formen der Transformation, die wenigstens auf lokaler und individueller Ebene zu allgemeinem Nutzen angewendet werden können. Voraussetzung dafür wäre allerdings die Kenntnis von Ursache und Ziel der jeweiligen Entwicklung.
Nur zu oft ist als die einzige wirkende Kraft völlige Willkür zu identifizieren.

Grundsätzlich kann man feststellen, dass die am weitesten verbreitete Transformation der Produktivkräfte die in Konsumgüter ist. Man sollte sich also fragen, ob ein tatsächlicher Bedarf an diesen Produkten besteht.


Nach allgemeiner Analyse soll die Transformation von Lebensräumen, Stoffen und Organismen als Folge industrieller Produktion die Kosten des Comforts für eine breite Bevölkerung verringern. Doch könnten sich diese künstlichen Prozesse infolge ihrer Wirkung auf externe Bedingungen und interne Konstitution als Systemfehler herausstellen.

Darüberhinaus muss sich ein sehr großer Bevölkerungsanteil ohne den angestrebten Comfort zurechtfinden oder sich ausschließlich mit seiner Produktion befassen.
Zuletzt könnte sich dieser Teil der Menschheit wieder auf der Stufe des Sammlers und Jägers bewegen müssen, dessen Abhängigkeit von einer natürlichen Produktivität weiterbesteht.

Es wird zwar argumentiert, die Transformation von der natürlichen zur industriellen Produktivität komme selbst dem erzwungenen Sammler und Jäger zugute. Wie das aber geschehen soll angesichts der massiven Degradation der Produktivität und des Verlustes des Zugangs zu ihr, das weiß niemand.


Die industrialisierte Menschheit hat währenddessen den kognitiven Zugang zu den Produktivkräften eingebüßt.

Die künstlichen Produktivkräfte beruhten dagegen seit alter Zeit auf dem Einsatz unfreier Arbeit und erst seit wenigen Generationen auch auf umweltschädlichen und nur begrenzt verfügbaren Fremdenergien.

Allgemein fällt auf, dass Transformationen eher im Interesse von Minderheiten als im Interesse der Mehrheit durchgesetzt werden. Bestes Beispiel sind Kriege, die immer auch Kriege gegen die Umwelt sind.

Die Fundamente unseres Lebens sind zu großen Teilen auf amoralischen Prinzipien aufgebaut.

Die neuesten Technologien vernichten nicht nur ökologische Funktionen, Energievorräte und Energiequellen, sondern selbst die ihnen zugrundeliegenden räumlichen Bezüge. Ihr eigentliches Ziel scheint Virtualisierung zu sein, sogar bei den Zahlungsmitteln.


Der durch radikale Transformation erreichte gesellschaftliche Comfort diente als Erfolgsrezept und Anreiz bestenfalls einer Minderheit, während der ganze Rest leer ausging.

Es wäre leichtfertig, weiterhin zu glauben, dass ein totaler technologischer Strukturwandel auf die leichte Schulter genommen und von Gentlemen mit Links hingelegt werden könne. Die meisten Landstriche können die mit ihrer Transformation verbundenen Wirtschaftsleistungen, Umweltkosten und Auslandsschulden nicht aufbringen, denn ihre Bewohner sind, was ihre finanzielle Ausstattung angeht, keine Gentlemen.




Ist Transformation kontrollierbar?


Die Weltgeschichte zeigt, dass gesellschaftliche Bedingungen nicht vollständig kontrollierbar sind in dem Sinne, dass sie einen wünschenswerten Verlauf nähmen.

Der überwiegende Teil der gesellschaftlichen und industriellen Transformationen erfolgte keineswegs infolge einer existentiellen Notwendigkeit und kann sogar als gesellschaftlicher Übelstand angesehen werden.

In der Auseinandersetzung mit sich wandelnden Umwelten und sozialen Bezugssystemen hat die Menschheit Transformationen erlitten, die auch ihre physische Kondition betrifft.


Daher muss abgewogen werden, ob Transformationen und die zu ihnen führenden Gegebenheiten hinzunehmen sind:


Ein häufiges Zeichen unzureichender Analyseversuche besteht darin, sich einfach auf mythisch verklärte Ursprünge zu berufen, die weder einen Bezug zu den aktuellen Umweltbedingungen noch zu den aktuell dominanten Weltsichten haben.

Ein weitverbreiteter Analysefehler ist Monokausalität.

Beispielsweise sollte man die Kausalkonstruktionen, die zu den Zivilisationen des Altertums und der neueren Geschichte führten, nicht als ideal und einzigartig ansehen und ihr Erbe als großes Glück.
Entstehung und Entwicklung der Zivilisationen fanden in einem permanenten Zustand der Agonie, der Hybris und des Terrors statt und dasselbe geschieht in der Gegenwart.
Ich neige deshalb dazu, diese Zivilisationen und die dahinter stehenden Ideologien für das größte Unglück zu halten. Das Erfolgsrezept der Zivilisationen war allerdings immer, dass sie ihre Mitglieder zu Komplizen machten.


Die von der Menschheit hervorgerufene Transformation der Materie selbst (von der Kernspaltung bis zum Pestizid) verursacht enorme Risiken.

Beispielsweise tragen die permanent in einem unerträglichen Übermaß produzierten und distributierten Kunststoffe entscheidend zur Verfälschung des kulturellen Prozesses bei.

Zur Zeit werden sie in Form von Wärmedämmungen als besonders umweltfreundlich in die Alltagswelt gepusht. Indem sich Deutschland mit einem gewaltigen Kokon aus Styropor umgibt, schützt es angeblich das Klima.
Vorläufer dieses Prozesses der energetischen Optimierung waren seit gut einem halben Jahrhundert die Kunststoffzargen. Und diese Kunststofffenster sind in der Tat so dauerhaft, dass sie manches in Fertigbauweise erstellte Haus überleben, das um sie herumgebaut wurde.

Plastik beeinträchtigt nicht nur das Überleben wilder Tiere, die es für Nahrung halten, sondern auch Fähigkeiten und Kognition des Menschen, denn seine Produktion kann nur industriell erfolgen.

Es sollte überprüft werden, ob Plastik tatsächlich als ein Epochen überdauernder Abfallstoff geplant war, oder ob das nur ein böser Geist so wollte.


Die Transformation zu neuen Bedingungen und Stoffen mag wünschenswert sein, sollte aber niemals ohne Gegenmittel betrieben werden.