Eine kulturelle Intensivierung der Ressourcennutzung wurde häufig mit der Sesshaftigkeit des Bauern in Verbindung gebracht.

Nomaden haben weniger Interesse an einer territorialen Kontrolle als intensive bäuerliche Wirtschaftsformen - jedenfalls, solange es genug Ressourcen für eine nomadische Nutzung gibt. Andererseits liegt es in der Natur nomadischer Lebensweisen, weit größere Räume nutzen und damit auch kontrollieren zu müssen.

Die eigentlichen Konflikte entstehen jedoch aus der Intensität oder Extensität der Nutzungen und dem demografischen Gewicht der Nutzer.


Feudalherren, die Mächtigen und heute auch Politiker niedrigerer Rangfolge behaupten reflexartig, sie wollten die Agrarproduktion und die übrige Wirtschaft intensivieren.

Dabei könnten ihre Projekte Extensivierungserscheinungen, Misswirtschaft und zuletzt den allgemeinen Ruin herbeiführen infolge der Wirkunglosigkeit der von ihnen repräsentierten Befehlsketten.


Die sogenannten Primitiven handelten demnach ökonomisch rational, wenn sie sich den ihnen abverlangten unnötigen Arbeiten verweigerten [Boserup 1965].
Zu dieser unnötigen Arbeit zählt ja der gesamte Industrialisierungsprozess, der eher in die Katastrophe als in eine humane Gesellschaft führt.


Naturpotentiale wie die Kulturpflanzen aus der Neuen Welt wurden von Naturvölkern mit der größten Bereitwilligkeit akzeptiert und verbreiteten sich noch vor dem Eintreffen europäischer Siedler und Kolonialisten; selbst Rohstoffpflanzen wurden gerne angebaut, bis auch das durch kolonialistische Monopole verhindert wurde [Boserup 1965].

Die europäischen Siedler hingegen hielten noch in den entlegensten Gebieten mit viel größerer Verbissenheit an den nützlichen und weniger nützlichen Nutzorganismen und Praktiken mediterraner Kultur und ihrer eigenen Herkunftsländer fest. Inzwischen sind die Industrienationen als ihre Nachfolger allerdings zu weitgehend experimentellen Nutzorganismen und Praktiken übergegangen.


Der Wechsel von extensiven zu intensiven Kulturtechniken erscheint nicht immer als das geeignetste Entwicklungskonzept; oft ist er weder vorteilhaft noch notwendig.

In Afrika entwickelten sich in einigen Berggebieten intensivere Anbautechniken, weil sich die Bevölkerung zum Schutz vor Eindringlingen oder Sklavenhändlern dorthin zurückgezogen hatte; bei Nachlassen dieses äußeren Drucks sei man wieder zur extensiven Brandrodung im Tiefland zurückgekehrt [Gourou 1956].


Andererseits können auch die moderne Technik und die von ihr erzeugten Waren eine verlockende Extensivierung darstellen - mehr Produkte für weniger Arbeitseinsatz! Im südlichen Afrika habe die Förderung agrarischer Großbetriebe mit entsprechenden Technologien dazu geführt, dass auch die Kleinbauern von sich aus solche Techniken übernahmen und ihre Produktion stark erhöhten [Brady 1990].


Neben der Intensivierung menschlicher Produktivität sind aber auch Zyklen natürlicher Intensivierung zu beobachten, die mit den Entwicklungsprozessen von Organismen und ihrem Werden und Vergehen zusammenfallen. Daher ist es nicht ausschließlich Zynismus, wenn in den USA Industrieanlagen als 'plants' bezeichnet, also mit natürlichen Organismen verglichen werden.



Der Wortstamm der oft agrarfachlich genutzten Begriffe extensiv und intensiv ist das lateinische Wort 'tendere' mit der Bedeutung 'dehnen + spannen' - durchaus auch im Sinne der Muskeltätigkeit, die die Grundlage agrarischer Produktion bildete.

In den europäischen Sprachen hat es zwar einen Bedeutungswandel gegeben, die erwähnten beiden Grundbedeutungen haben aber immer noch Gültigkeit.

Im Englischen vertritt 'extensive' den Bedeutungskomplex des Dehnens (Übersetzung 'ausgedehnt, flächenhaft, weit'), was bei der Nutzung als Adverb ('extensively') eine verstärkende Bedeutung erhält (Übersetzung 'ausgiebig, beträchtlich').
Englisch 'intensive' vetritt den Bedeutungskomplex des Muskelanspannens (Übersetzung 'stark').


Besonders interessant ist in den romanischen Sprachen der Bedeutungswandel des lateinischen 'in-tendere' als geistige Anspannung. Die Übersetzung sowohl des italienischen 'intèndere' als auch des französischen 'entendre' lautet 'verstehen, hören, beabsichtigen'.

Intensivierung sollte in diesem Sinne in der (Land-)Wirtschaft mit einem gesteigerten Verständnis oder Wissen über das, was man tut oder tun kann, verbunden werden. Dieses Wissen ist eigentlich die Voraussetzung jeder Intensivierung, die sich ohne dasselbe destruktiv auswirken würde.




Technologische und natürliche Intensivierung


Um die Nahrungsproduktion für eine wachsende Bevölkerung zu gewährleisten, müssen die Erträge des (global) vorhandenen Agrarlandes gesteigert werden.
Intensive agrarische Ressourcennutzung ist aber keine an jeden Ort übertragbare Methode.

Darüber hinaus wird Intensivierung leider fast ausschließlich als Transformation in eine Hochtechnologie verstanden. Diese Art Intensivierung bezieht sich aber nicht zwangsläufig auf die Nahrungsproduktion und wirkt sich möglicherweise auf diese eher ungünstig aus.

In der Industriegesellschaft steht der traditionellen variablen Nutzungsintensität der natürlichen Stoffproduktion zunehmend das Paradigma einer allgemeinverbindlichen Technik gegenüber, die den Anspruch erhebt, sich von jeder natürlichen Produktion, darunter auch der durch menschliche Arbeit, befreien zu können.


80 % des Gemüseexports Spaniens (und damit ein beträchtlicher Teil des Gemüseangebotes in unseren Supermärkten) stammt aus der heißesten Wüste Europas bei Almería [Terra X, am 19.7.2020].

Der jährliche Wasserverbauch dort von hunderten Milliarden Litern wurde durch ein Grundwasserreservoir gedeckt. Nach Leerung seiner obersten Schichten drang vom Meer her Salzwasser in die Kavernen ein, das inzwischen auch an die Oberfläche gestiegen ist und inmitten eines “Meeres aus Plastik” einen riesigen versalzenen Tümpel gebildet hat.

Dieses Beispiel zeigt, dass inzwischen Lebensmittel zunehmend mit Hilfe nur noch einer Simulation von biologischen oder ökologischen Prozessen erzeugt werden!

Das Ganze kann bestenfalls noch mit dem Etikett Bioökonomie versehen werden, da sich praktisch ja jede auch biologisch nur schwer verdauliche Fadheit großer (biologischer) Nachfrage erfreuen wird und allein deswegen einen die technischen Produktionskosten deckenden Marktpreis erzielen kann.


Eine industrielle Agrarproduktion setzt permanente regulative Eingriffe voraus. Punktuelle Höchsterträge als Ziel der Intensivierung verlangen ein Maximum an regulativen Eingriffen.

Darin ist aber auch ein Indiz für die gefährliche Labilität der eingesetzten Funktionssysteme zu sehen. Hier können Steuerungs- und vor allem Planungsfehler größere Auswirkungen haben als bei weniger intensiven Produktionsweisen. [Haber 1992]


Prinzipiell bleiben die Grenzen technologischer Intensivierung dieselben wie die des intensivierten Einsatzes von menschlicher Arbeit:
- die Tragfähigkeit des Ökosystems und des Bodens,
- die Leistungsfähigkeit der genutzten Organismen,
- der Druck potentiell schädlicher Organismen auf das Nutzungssystem.
[Haber 1992]


Quasi als Antithese hierzu wird zur Zeit besonders in den urbanen Zentren Ostasiens eine extreme flächenmäßige Intensivierung durch mehrstöckige technische Vorrichtungen weiterentwickelt, in welchen zukünftig das sogenannte "urban gardening" stattfinden soll.

Anfang 2018 wurde berichtet, dass es bereits 250 japanische Pflanzenfabriken gab, in denen das Wachstum von Pflanzengeweben (Gemüsen und Salaten) ausschließlich auf Grundlage maschineller Arbeitsleistung, künstlicher Nährstoffe und elektrischer Energie (Kunstlicht) stimuliert wurde.

Boden und menschliche Arbeitskraft werden aus diesem Produktionsprozess ausgeschlossen, da sie als Infektionsherde gelten! Bodenbürtige Krankheiten sind tatsächlich ein Problem beim Anbau empfindlicher Salate. Doch kann ein Anbau ohne organisches Substrat und auch mit künstlich fabrizierten anderen Umweltmedien (Kunstlicht, künstliche Atmosphäre) wohl kaum als ökologisch angemessene oder angepasste Produktionsform angesehen werden.

Noch deutlicher als in Südspanien wird also eine technologische Leistung installiert, keine biologische oder ökologische Leistung. Organismen und biologische Prozesse werden als Hygieneprobleme konstruiert, dabei ist die zu ihrem Ersatz installierte Technologie das eigentliche Hygiene- bzw. Kontaminationsproblem.

In den Anbaurichtlinien und Gesetzen zur biologischen Landwirtschaft werden diese Fabrikationsweisen gar nicht erwähnt, folglich auch nicht geregelt. Ich habe den Verdacht, dass die ebenso ungenießbar und unreif wie die konventionellen Produkte verramschten Biogemüse denselben Technologien entstammen.


Gleichzeitig wird nirgendwo auf der Welt mehr etwas für die natürlichen Produktivkräfte getan.

Die Extensivierung ihrer Nutzung muss als Lösungsweg zur Erhaltung dieser Produktivkräfte gesehen werden. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass man sie in Zukunft nicht mehr braucht, wie es die aktuellen Produktionsweisen suggerieren könnten.




Als Extensivierung kann man leider genausogut die gängige Output-orientierte Ökonomie im Sinne destruktiver technologischer Ausbeutung möglichst großer (extensiver) Räume und Märkte bezeichnen. Denn dabei findet Intensivierung nur bei der Ausbeutung statt, nicht durch Investition von Arbeit in die Produktionsräume und -stätten.

Eine extreme Extensivierung der Ausbeutung wäre vor allem die Globalisierung staatlicher oder unternehmerischer Wirtschaftsinteressen.
Die Ausbeutung des internationalen Arbeitsmarktes (Sklaven, Söldner) war schon im Altertum ein Indiz der Globalisierung solcher Interessen.


Auch in Mitteleuropa (zuerst in Holland) war die Abhängigkeit von Saisonarbeitern in der Landwirtschaft seit Generationen ein gewohntes Bild.

Eine Intensivierung durch Arbeitskräfte-Import passt jedoch überhaupt nicht in das Modell der landwirtschaftlichen Intensivierung zur Sicherstellung der Selbstversorgung. Allerdings schaltet sich hier die Marktwirtschaft ein mit ihren extensiven Interessen. Um diese zu bedienen, scheint es notwendig zu sein, mit Hilfe eines Arbeitskräfte-Prekariats, das neuerdings aus exotischen Ländern ergänzt wird, zu wirtschaften. Das ist wie in der übrigen Wirtschaft allein eine unternehmerische Kostenrechnung!


Wirkliche Intensivierung kann auch eine Nachhaltigkeits-Maßnahme sein, wenn dadurch größere Räume einer extensiveren Nutzung überlassen werden können, und im Sinne der Investition von Verständnis und Wissen, wie oben dargestellt. Aber auch im Sinne des gezielten Einsatzes der natürlichen Produktivkräfte von Agroökösystemen und menschlicher Arbeit.




Quellenangaben


Pierre Gourou: The Quality of Land Use of Tropical Cultivators (in: W.L. Thomas [ed.]: Man's Role in Changing the Face of the Earth. Chicago, 1956.)

Ester Boserup: The conditions of agricultural growth - The economics of agrarian change under population pressure. London, 1965 (Nachdruck 1993).

N.C. Brady: Making Agriculture a Sustainable Industry (ch.2 in: C.A. Edwards et al. [ed.s]: Sustainable Agricultural Systems. Soil and Water Conservation Society, Ankeny, 1990.)

Wolfgang Haber: Intensivwirtschaft (in: G. Haug/ G. Schuhmann/ G. Fischbeck [Hg.]: Pflanzenproduktion im Wandel. Weinheim, 1992.)

"Terra X". Fernseh-Doku am 19.7.2020.