Wechselfeldwirtschaft in Deutschland


Auch H. Becker hält die von ihm beschriebenen Feldsysteme nicht für frühgeschichtlichen Ursprungs.
Die Wechselfeld-Wirtschaft wurde im Außenbereich der dörflichen Fluren betrieben, auf neu erschlossenen Flächen und in Jungsiedelland. Aus den erstrebten Produkten ist aber leicht zu ersehen, dass sie kein frühzeitliches Überbleibsel war.
In Deutschland wurde die nachwachsende Sekundärvegetation aber zumeist ebenfalls noch abgebrannt, um einen Düngeeffekt zu erzielen.


In der Feldwaldwirtschaft war die forstliche Nutzung die ökonomisch bedeutendere Bewirtschaftungsphase. Landwirtschaftliche Kulturen wurden dabei in die frühe Phase des Gehölzaufwuchses eingebracht, um einen zusätzlichen Ertrag zu erzielen, insbesondere nach der Ernte der Gerberrinde in den Lohhecken [Schwind 1984].

Es gab aber auch intensivere Formen des Feld-Wald-Wechsels. Eine deutliche Unterscheidung wurde gemacht zwischen Hauberg- oder Hackwaldwirtschaften mit Anbau zwischen Wurzelstöcken, die danach wieder austreiben sollten, und dem Röderlandbetrieb unter Rodung der Wurzelstöcke [Becker 1998].

Diese intensiven Nutzungen führten beispielsweise in der Eifel zur völligen Degradation des Waldes.


Gras als alljährlich Erträge bringende Vegetation wird von vielen Bauern wohl als nützlicher eingeschätzt als Wald.
Die Feldgraswirtschaft war im norddeutschen Raum als Dreeschwirtschaft bekannt (mhd. 'driesch' = verwildertes Land), in Süddeutschland als Egartenwirtschaft [Becker 1998].

Sie wurde in Westeuropa zuerst wahrscheinlich als eine der ältesten Formen der Bodenbewirtschaftung überhaupt betrieben. Die bekannten Feldgraswirtschaften sind aber nicht mit kulturell unterentwickelten Landschaften gleichzusetzen, sondern als eine neuzeitliche Nutzungsform zu verstehen [Becker 1998].

Feldgraswirtschaft kann als extensives Nutzungssystem für Gegenden mit hohen Niederschlägen dienen, die den Graswuchs fördern, den Getreideanbau aber behindern, aber auch für die weniger gepflegten Kulturflächen im Außenbereich der Siedlungen [Becker 1998].

Die Feldgraswirtschaft wurde in Schleswig-Holstein als relativ moderne Wirtschaftsweise der Gutshöfe eingeführt. Im Voralpenland förderte man die Ausweitung der Egartenwirtschaft zur Belieferung auch überregionaler Märkte.

Bei der “verbesserten Feldgraswirtschaft” erfolgt die Neubegrünung der Weiden nach Getreidebau durch Graseinsaat (ursprünglich mit Hilfe von ‘Heublumen’).



Feldwaldwirtschaften

In der Felwaldwirtschaft wird bewusst eine bestimmte Baumart gefördert.
Für frühe Industriezweige wurde anscheinend gerne das in frischem Zustand brennbare Birkenholz verwendet [Becker 1998].

Die beste Holzkohle gewann man aus Buchenholz.
Pottasche wurde durch Auslaugung der Holzasche von Buchen und Birken gewonnen und in verschiedenen Industrien benötigt [Becker 1998].


Die Birkenbergwirtschaft des Bayerischen Waldes wurde zwecks Verkauf von Birkenholz an die Glasindustrie betrieben. Auch wurden die rauch- und rußfrei brennenden Kienspäne von den Bauern auf dem Markt verkauft. [Becker 1998]

Diese Birken-Acker-Kultur erfolgte in Form einer Röderlandwirtschaft im Umtrieb von 20 - 30 Jahren, wobei zunächst die Asche gewonnen wurde, dann ein zweijähriger Anbau von Roggen, Hafer oder Hirse (!) folgte, daraufhin die Nutzung als Weide. Schließlich wurde wieder der Birkenaufwuchs aus Anflug, Überhältern oder Ansaat durch weitere Pflege gefördert.


Die stehenden Heere der Neuzeit hatten einen hohen Lederbedarf, so dass Eichenniederwälder zur Gewinnung von Gerbrinde (Lohe) angelegt wurden [Becker 1998].
Der Gerbstoffgehalt soll in junger Rinde kurz vor der Borkenbildung am höchsten sein, was für einen raschen Umtrieb von 15 (- 20) Jahren spricht.


Im Siegerland wurde die Lohe in Haubergen mit kurzzeitigem Getreidebau produziert.

Auf dem “geschwendeten Grund” [Wikipedia 2022] wurde einjährig Roggen oder Buchweizen ("Haubergskorn") angebaut und dann wieder der Aufwuchs von Gerbereichen zugelassen.

Die Siegerländer Hauberge werden bis auf die vorchristliche Eisenverhüttung durch die Kelten zurückgeführt, die auf Kosten der Buchenwälder gingen. Ihr primäres Ziel war also die Entnahme von Stangenholz aus dem Niederwald für die Holzkohle-Meiler.


Die Energiegewinnung für den frühen Eisenerzabbau des Siegerlandes aus dem Buchenwald entwickelte sich später zu einer Gerbstoffgewinnung aus der Rinde von Eichen. Diese sog. 'Haubergswirtschaft' integrierte in die frühe Regenerationsphase des Niederwaldes den Anbau von Winterroggen und die Rinderweide. [Troll 1967]


Die Haubergsgenossenschaften des Siegerlandes existierten bis in die 1920er Jahre [Becker 1998].

Die bei 17 - 20-jährigem Umtrieb schlagreifen Eichenniederwälder wurden nach dem Zelgen-Prinzip in gleichwertigen Parzellen verlost. Der jeweilige Nutzer ringelte die "etwa armstarken Eichenstangen", die Gerberrinde trocknete am Stamm, das Stangenholz wurde an Köhler verkauft. [Becker 1998]

Dann wurden bis August die Soden vom Boden aufgenommen, getrocknet und zur Gewinnung der Dünge-Asche verbrannt. Daraufhin erfolgte die Ansaat von Winterroggen, der mit der Sichel geerntet wurde, um den Austrieb der Wurzelstöcke zu schonen. Nach einjährigem Getreidebau und Kräftigung des Stockausschlages folgte auch noch der Eintrieb der Gemeinschaftsherden. [Becker 1998]



Feldgraswirtschaften


Norddeutsche Koppelwirtschaft [Becker 1998]

Die verschiedenen Schläge eines Betriebes wurden in einer geregelten Feldgraswirtschaft genutzt. In Schleswig-Holstein wurden sie mit Wallhecken eingehegt, aber nicht in Mecklenburg-Vorpommern.

Der regelmäßige Ackerumbruch wirkte auch einer Vermoosung des Graslandes entgegen. Der Getreideanbau (selbst von Hafer) war aber ziemlich risikoreich.

Schwerpunkt war eine marktorientierte Viehwirtschaft: zuerst Ochsenmast, seit dem Anfang des 17. Jh.s in Schleswig-Holstein Milchwirtschaft, die anfangs oft an Holländer verpachtet wurde - der Landwirt stellte selbst die Herde, die Weide und auch das Winterfutter.

Mit der Koppelwirtschaft konnte man sich relativ rasch auf Preisentwicklungen einstellen, indem in diesem Feld-Gras-Wechselsystem jeweils auf Getreide oder Milchprodukte umgestellt wurde.


Die Vöhdenwirtschaft Westfalens [Becker 1998]

Als ‘Vöhde’ bezeichnet wurde eine Parzelle mit der Auflage (Servitut), sie nach einer bestimmten Anzahl von Jahren ebenso lange als Weideland zur Verfügung zu stellen.

Das Recht der Ackernutzung besaßen nur die Altbauern, die Nachsiedler (Kötter) durften aber das Weideland ebenso wie die Altbauern nutzen (teilweise gegen eine Geldzahlung). Die Parzellierung wurde aufgehoben.

Vöhden befanden sich oft auf feuchten Flurbereichen und wurden daher "zu Hochbeeten zusammengpflügt".

Die Vöhden wurden teilweise gedüngt (Wintergetreide, Kartoffeln), wenn auch sparsam. Als Anbaukulturen konnten sich Wintergetreide, Hafer, Gerste und Kartoffeln abwechseln, auch Flachs wurde zwischengeschaltet.


Trieschwirtschaft im Hohen Westerwald [Becker 1998]

Bis in die 50er Jahre wurde im Westerwald bei ungünstigem Klima und auf siedlungsfernen Parzellen ein Feld-Grasland-Wechsel vollzogen.

Ursprünglich erfolgte auch in der Dorfflur eine willkürliche Wechselwirtschaft, wo aber die Anbauperioden infolge der Stalldüngung länger waren als auf den Außenfeldern. Die Drieschflächen der Innenfelder wurden außerdem je nach Bedarf zur Heugewinnung genutzt, die der Außenfelder nur als Weideland.

In den niederschlagsreichen Mittelgebirgen wurden bevorzugt Sommergetreide angebaut. Hafer ist aber besonders selbstunverträglich, die Einschaltung einer Begrünung wirkt sich bei ihm als Fruchtfolge besonders günstig aus.

Auf den ungedüngten Außenfeldern wechselten 3 - 5 Jahre Hafer-Anbau mit 3 - 5 Jahren Weidenutzung ab, wobei die Rotation offenbar von einer zusammenhängenden Fläche auf eine andere erfolgte.

Nur die Ackerflächen wurden parzelliert, die Driesch- oder Grasflächen wurden von der Dorfgemeinschaft gemeinsam genutzt.


Egartenwirtschaft der Schwäbischen und Fränkischen Alb [Becker 1998]

Auf diesen abgelegenen Flächen, die heute meist bewaldet sind, erfolgte ein nur gelegentlicher Umbruch für eine nur kurze ungedüngte Ackernutzung. Die Regeneration der Flächen als Grasland erfolgte teilweise in mehr als 20 Jahren.



Feldheide- und Feldmoorwirtschaften


Feldheidewirtschaft ist der Wechsel von Ackernutzung und ungenutztem Offenland (altdt. ‘Heide’ = waldfreie Allmende) [Becker 1998].

Nach der Vernichtung der Wälder wurden auch die Heiden weiter durch Brandwirtschaft genutzt und degradiert.

Die Schiffelwirtschaft des Rheinischen Schiefergebirges ist "die bekannteste Form" der Feldheidewirtschaft gewesen [Becker 1998]. Ähnlich scheint auch die Reutbergwirtschaft des Schwarzwaldes betrieben worden zu sein.


Die Feldmoorwirtschaft oder Moorbrandkultur ist seit 1923 in Deutschland verboten.

Die Hochmoorflächen wurden zunächst abgebrannt, "in die noch warme Asche" säte man ohne Bodenbearbeitung 7 -10 Jahre lang Buchweizen. Auch Einschaltung von Hafer usw. oder von Spörgel (Spergula arvensis) als Futterpflanze. [Becker 1998]


In Norddeutschland wurde die “aus den Niederlanden” übernommene “Moorbrandkultur mit Buchweizenanbau” betrieben: “Auf 7 - 10jährigen Anbau folgten 30 - 50 Jahre Brache, um die Bildung einer neuen Humusschicht zu ermöglichen.” [Born 1989]

Der Nutzen dieses Torfbrennens ist überhaupt fraglich, denn der Torfhumus konnte weder Mineralstoffe akkumulieren noch Stickstoff. Das außergewöhnliche Potential der Moore zur Kohlenstoff-Festlegung wurde hingegen in Klimagas verwandelt.




Quellenangaben


Carl Troll: Techniques agricoles, milieu naturel et histoire de l'humanité. Bull. Societé Geographique de Liège. tome 3, no.3 (1967).

Dr. Werner Schwind: Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte - ausgehend von Untersuchungen in der Vulkaneifel. Düren, 1984.

Martin Born: Die Entwicklung der deutschen Agrarlandschaft. Darmstadt, 1989.

H. Becker: Allgemeine Historische Agrargeographie. Stuttgart, 1998.

Wikipedia-Artikel "Schwendbau"; Stand: 12. Februar 2022.