button


Züchtung oder Gentechnik?


Der erste Satz des Kapitels “Züchtung von Nahrungspflanzen” formuliert die Antithese zur Gentechnik:
“Züchtung ist die Nutzung des genetischen Potentials natürlich vorkommender Arten ...”

Wenn man ergänzen wollte “... zur Erzeugung künstlicher Arten ...”, wären die Unterschiede zwischen Züchtung und Gentechnik tatsächlich nur graduell; die Überschreitung der Artgrenzen wurde aber bislang in der Züchtung nicht angestrebt.

Diesen Unterschied zu erkennen, sind zeitgenössische Naturwissenschaftler offenbar nicht mehr willens oder fähig.


Die Vermehrung von erwünschtem DNA wird in diesem Buch als einzige Methode zur Ernährung der Menschheit propagiert.

Das ist im Grunde die Wiederspiegelung eines alten Trends zum Gen-Rassismus: Die Superiorität der Zuchtformen über die Wildpflanzen und -tiere wird schon in den Mythen von Naturvölkern besungen. Hinzu kommt nun die post-darwinistische Marktleistungs-Ideologie vom “Recht des Stärkeren”; sie beinhaltet, dass die augenfälligen Vorteile einer Pflanzenzüchtung oder Gen-Kreation per se konkurrierende Sorten und Arten überflüssig machen.

Anstatt sich für eine genetische Anpassung der Nutzpflanzen an die neueste Technik einzusetzen, könnte man auch für die Anpassung der Technik an die Potentiale der Nutzpflanzen sorgen. - Hierfür fehlen aber offenbar die Fördermittel, der politische Wille oder gar die intellektuellen Fähigkeiten.


In kürzester Zeit kommt der Autor auf die Züchtungsziele zu sprechen, die durch herkömmliche Pflanzenzüchtung  n i c h t  zu erreichen sind:

  • Manipulation der Nährstoffzusammensetzung von Nutzpflanzen durch Gentransfer, so etwa zur “Vermeidung von Mangelkrankheiten” bei einseitiger Ernährung mit den Grundnahrungsmitteln Reis und Mais
  • Ertragssicherheit durch Implantierung der Fähigkeit zur Symbiose mit Stickstoff bindenden Bakterien
  • erhöhte Wuchsleistungen durch Implantierung des Photosynthese-Apparates von Wüstenpflanzen
  • Implantierung von Toleranzen gegenüber lebensfeindlichen Bedingungen (bei Bodenversalzung, Dürre, exzessivem Herbizid-Einsatz etc.)
  • Gentransfer insbesondere aus mikrobiellen Lebewesen zwecks Erhöhung der antibiotischen Eigenschaften der Nutzpflanzen


Immerhin weist der Autor auf einige Nachteile hochgezüchteter oder genetisch veränderter Pflanzentypen hin: Die einseitige Optimierung der Ertragsleistung führt zur Schwächung der Stoffwechselleistungen und Abwehrkräfte; und ein hohes Wuchspotential kann nur unter kontrollierten Wuchsbedingungen (Einsatz von Agrarchemie) ausgeschöpft werden.

Über die sich in Zukunft ergebenden Defizite der Fitness durch ein zusammengestückeltes Genom glaubt er aber n i c h t nachdenken zu müssen.





Züchtung

Züchtung erstrebt die “Einengung der ursprünglichen Variationsbreite”.

Eine Beschleunigung dieser Selektion kann durch ungeschlechtliche Vermehrung erfolgen, während es durch Kreuzung immer zu einer Mischung der Gene kommt.

Inzucht ist daher eine der wichtigsten Techniken der Züchtung: “Bei sexueller Vermehrung besteht die engste Verwandtschaft zwischen Eltern und Kindern bzw. Geschwistern. Bei ihnen ist im statistischen Mittel jeweils die Hälfte aller Gene identisch.”


Die meisten Züchtungsziele werden aber ‘polygen’, d.h. durch eine Kombination mehrerer Gene vererbt. Tatsächlich waren in der Pflanzenzüchtung jedoch zumeist “nur kurzfristig wirksame, monogen vererbte Resistenzen zur Einkreuzung” verfügbar.
“Einer dieser seltenen Fälle eines ‘monogynen’ (auf nur einem Gen beruhenden) Erbgangs ist die Farbe der Erbsenblüte, mit der Mendel experimentiert hat.”

“... polygen vererbte, längerfristig wirksame Resistenzen aus Wildformen lassen sich nur schwer im Zuchtgang nutzen ...”

Die normale Pflanzenzüchtung reicht also für die hochgesteckten Ziele einiger Leute nicht mehr aus.


Bei Pflanzen sind Bastardierungssperren weniger stark ausgeprägt als bei Tieren, so dass es auch zu natürlichen und fortpflanzungsfähigen Hybriden kommt. Dennoch ist das Überschreiten der Bastardierungssperren “in der Kreuzungszüchtung sehr selten, in der .. Gentechnik dagegen im Prinzip unbegrenzt möglich”.

Auch eine Regenerationsfähigkeit aus Zellen besitzen nur die Pflanzen; tierische Zellen haben einen zu großen Grad der Spezialisierung erreicht. - Das erklärt vielleicht die Unbekümmertheit, mit der man sich an die genetische Dekonstruktion der Nutzpflanzen gemacht hat, weil es mit ihnen leichter geht als mit Tier und Mensch. Andernfalls würde es sonst auch bald für uns heißen: “Aus der Gensuppe bist du genommen, in die Gensuppe musst du wieder eingeh’n.”


Eine alternative bzw. die traditionelle Pflanzenzüchtung beruht dagegen auf der Nutzung der natürlichen genetischen Variabilität einer Art, um Typen mit hoher Anpassungsfähigkeit, mit hoher Plastizität (- der Fähigkeit zur “adaptiven Modifikation” -) zu selektieren, die allerdings unter total künstlichen Anbaubedingungen vielleicht Leistungsdefizite aufweisen.



Copyright © 17.4.2009 St. Th. Hahn






Weiter !  


Vorspann
Der Inhalt
Gentechnik