Die Senf-Arten
(Gattungen Brassica und Sinapis)


Die Bestimmung der Kreuzblütler (Brassicaceae) stellt teilweise ein großes Problem dar wegen der Ähnlichkeit der Blüten, besonders weil sie überwiegend gelb sind.
Ein besonderes Problem ist, dass einige starkwüchsige Kreuzblütler in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien große Veränderungen durchmachen, so dass sie wie vollkommen andere Arten aussehen.

Bei allen von mir in den letzten Jahren beobachteten Cruciferen habe ich eine außergewöhnliche Starkwüchsigkeit, wenn nicht Riesenwuchs festgestellt und dies unwillkürlich mit dem steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre in Verbindung gebracht.



Fruchtansatz des Gelben Senfs (Sinapis alba). - Feldflur bei Bad Breisig. © STH, 21.4.2014.


Kreuzblütler haben vierzählige Blütenblattkreise, wobei Kelch- und Kronblätter überkreuzt zueinander stehen, mit 4 längeren und 2 kürzeren Staubblättern.

Der Schwarze Senf, der Raps, aber auch der Gelbe und der Acker-Senf sind durch abstehende Kelchblätter gekennzeichnet, während diese beim Hederich (Raphanus raphanistrum) aufrecht stehen.

Der Hederich, die Stammpflanze des Rettich, zeichnet sich außerdem durch perlschnurartig quergeteilte, zerfallende Schoten aus.

Neben den Gattungen mit vielsamigen Schoten sind andere Gattungen und Arten (wie Bunias orientalis, Isatis tinctoria) durch kurze, ein- oder wenigsamige Schötchen gekennzeichnet.

Der echte Senf der Gattung Sinapis hat kurze Schoten mit langem, seitlich zusammengedrücktem Schnabel. Der Senf der Gattung Brassica hat längere, kurz geschnäbelte Schoten.



Schwarzer Senf (Brassica nigra)
Brauner Senf (Brassica juncea)
Gelber Senf (Sinapis alba)
Ackersenf (Sinapis arvensis)

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Verwendung von Senf





Aufwuchs des Schwarzen Senfs (Brassica nigra). - Grünfläche bei Rheineck. © STH, 24.6.2010.


Brassica nigra, Schwarzer Senf, Scharfer Senf

Der Schwarze Senf ist eine hohe, aufrecht wachsende Einjährige.
Bei hohen Temperaturen scheint sie besonders starkwüchsig (> 2 m) zu sein.



Blütenaustrieb des Schwarzen Senfs. - Grünfläche bei Rheineck. © STH, 24.6.2010.


Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Gelben Senf stellen die Stängel dar, die beim Schwarzen Senf glatt und rund und bläulich bereift sind.

Die großen Blätter sind stets gestielt, nicht stängelumfassend wie beim Raps - die unteren stark gelappt, die oberen schmal-oval.



Weiter entwickelter Schwarzsenf. - Rheinufer bei Rheineck. © STH, 24.6.2010.


Charakteristisch sind die Schoten, die aufrecht und dem Stängel dicht anliegend wachsen. Sie haben einen nur kurzen Schnabel (ohne Samen).
Raps und Rübsen bringen lange dünne Schoten mit langgezogenem Schnabel hervor. Besonders auffällig sind die langen Schnäbel des Gelben Senfs.

Die glatten Schoten "platzen auf, wenn sie reif sind"; Schwarzer Senf muss daher von Hand in mehreren Durchgängen geerntet werden oder nachgereift werden. Seit 1950 wird daher zunehmend Brauner Senf (Br. juncea) angebaut, "weil dessen Schoten bei der Reife nicht aufplatzen". [-> Ben-Erik van Wyk: Handbuch der Nahrungspflanzen. Stuttgart, 2005.]

Schwarzer Senf hat kleine, dunkelbraune Samen.



Abblühender Schwarzsenf. - Rheinufer bei Rheineck. © STH, 24.6.2010.



Das Herkunftsgebiet des Schwarzen Senfs ist Vorderasien. Heute ist er bis zum Finnischen Meerbusen verbreitet, scheint sich aber auf den maritimeren Westen des eurasischen Kontinents zu beschränken. [-> http://www.agroatlas.ru/en/ ]

Der Schwarze Senf soll im Rhein-Tal das Indigenat besitzen, ohne sich in die Mittelgebirgslagen ausgebreitet zu haben.

Die Art wurde auch bereits im frühen Mittelalter in Mitteleuropa angebaut und in größerem Stil bis vor nicht langer Zeit beispielsweise in den Niederlanden kultiviert.

Hildegard von Bingen spricht ausdrücklich vom Schwarzen Senf; in den südlichen Zonen scheint dagegen eher der mildere Weiße Senf (Sinapis alba) angebaut worden zu sein.

Der israelische Geobotaniker Michael Zohary weist jedoch darauf hin, dass es gerade der Schwarze Senf ist, der beispielsweise in Galiläa durch seinen hohen Wuchs die auffälligste Crucifere ist. [-> Michael Zohary: Pflanzen der Bibel. Stuttgart, 1983.]



Standort. - Rheinufer bei Rheineck. © STH, 24.6.2010.




Brassica juncea, Brauner Senf, Senfkohl

Der Braune Senf oder Senfkohl ist angeblich mehrjährig und trägt ziemlich grobes, in Bodennähe leierförmig gelapptes Laub.

Von dieser Kulturpflanze gibt es auch Gemüse-artige Formen (wie Br. juncea VAR. rugosa, Kai-Choi, Senfkohl, Breitblättriger Senf).


Der Braune Senf scheint eine an mehreren Orten entstandene, halbnatürliche Kreuzung aus Brassica nigra, dem Schwarzen Senf und Brassica rapa, Rübsen zu sein.

Diese Hybridart ist genauso wie Raps (Brassica napus) eine tetraploide Kreuzung, die aus den diploiden natürlichen Arten entstanden ist.


Im Vergleich zum Schwarzen Senf ist diese Form weiter östlich in Asien verbreitet, allerdings nur in den südlicheren Zonen bis max. zum 55. Breitengrad. [-> http://www.agroatlas.ru/en/ ]



Br. juncea VAR. juncea, Sarepta-Senf, Brauner Senf

Der Sarepta-Senf ist eine im östlichen Asiens wärmerer Klimabereiche als Ölpflanze genutzte Kulturpflanze. Die Samen werden aber auch zu Senf verarbeitet.

Im Vergleich zum Schwarzen Senf setzt der Sarepta-Senf stärker abstehende und längere Schoten mit hellbraunen Samen an.


Von einer Arbeitsgruppe an der BBA (heute JKI) Kleinmachnow um Bernd Hommel wurde 1998/99 das Auskreuzungsverhalten von gentechnisch verändertem Raps untersucht (mit Brassica nigra und junceum, Raphanus raphanistrum, Sinapis arvensis).

Normalerweise hat Raps-Pollen eine sehr geringe Kompatibilität zu anderen Arten der Kreuzblütler-Familie.

Bastarde bildeten sich nur bei Br. juncea, dem Braunen Senf, die dann aber unfruchtbare Samen trugen.
Die Bastarde wurden mit einem Herbizid behandelt und die Überlebenden wurden damit als transgen eingestuft.

Br. juncea zeigte eine ähnlich hohe Einkreuzungsrate wie Raps mit normalem Genom. - Das ist dadurch zu erklären, dass Br. juncea ebenso wie der Raps als Hybride die Gene von Brassica rapa als Elternpflanze enthält.

Bei der Rapsernte verbleiben bis zu 10 % der Samen auf dem Feld und keimen in den Folgejahren wieder aus; im Falle von gentechnisch verändertem Raps könnte dieser Durchwuchs-Raps die Umwelt und nahe verwandte Arten kontaminieren.

[Interview mit Bernd Hommel, www.biosicherheit.de, am 05.11.2003]




Inhaltsverzeichnis





Gelber Senf (Sinapis alba) am Feldrand. - Feldflur bei Bad Breisig. © STH, 21.4.2014.


Sinapis alba, Gelbsenf, Weißer Senf

Der kultivierte Gelbsenf besitzt im Vergleich zum unkrautartigen Ackersenf (Sinapis arvensis) stärker gelappte Blätter und kürzere, wenigsamige Schoten.

Im Unterschied zum Schwarzen Senf (Brassica nigra) sind die Stängel kantig, gefurcht und borstig behaart.

Die weit und regelmäßig buchtig gezähnten, glänzenden Blättern mit deutlicher Nervatur sind fiederspaltig bis fiederteilig eingeschnitten.



Weit abstehende Schötchen mit langen schwertförmigen Schnäbeln. - Feldflur bei Bad Breisig. © STH, 21.4.2014.


Die 5-nervigen Schoten sind langborstig behaart und als Charakteristikum mit besonders langen, schwertförmig abgeplatteten Schnäbeln ausgestattet. Im Gegensatz zum Schwarzsenf wachsen sie abgespreizt vom Stängel und enthalten hellgelbe Samen.


Der Gelbsenf oder Weiße Senf stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und ist eine alte Kulturpflanze, die schon von den Sumerern angebaut worden sein soll. Auch in Europa wurde er häufiger angebaut und stärker züchterisch bearbeitet als der Schwarze Senf [-> E.F. Heeger: Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaues. Berlin, 1956 (Reprint 1989).].

Hierzulande wird er hauptsächlich als Gründünger besonders für die Spätsaat kultiviert; die Sorten für die Gründüngung sollen noch starkwüchsiger sein als es Brassica nigra ist.

Da der Gelbsenf aber besonders anfällig für die Kohlhernie ist, stellt diese Art ein Fruchtfolge-Risiko dar, wenn man andere Cruciferen (auch Raps) anbauen will.
Für derartige Fruchtfolgen besser geeignet ist der Ölrettich (Raphanus sativus oleiferus), der ziemlich Kohlhernie-resistent ist und außerdem auch eine bessere Verträglichkeit als Futter (bis ins frühe Schotenstadium) besitzt.




Knospiger Aufwuchs mit ungeteilten Blättern (Sinapis arvensis). - Lehmanschüttung bei Bad Breisig. © STH, 21.4.2014.


Sinapis arvensis, Ackersenf

Beim Ackersenf sind die meisten Blätter ungeteilt, nur die basalen Blätter sind an ihrer Basis fiederteilig; die oberen Blätter sind teilweise ganzrandig mit unregelmäßigen Blattzähnen.

Die kurzborstigen 3-nervigen Schoten sind mit einem etwas kürzeren Schnabel ausgestattet als beim Gelbsenf und enthalten dunkle bis schwarze Samen.

Der Ackersenf ist ein Unkraut, dessen Frühjahrs-Blätter auch als Sammelgemüse verwendet wurden.
Aus den pulverisierten Samen kann man ein Brechmittel gegen Vergiftungen zubereiten.



Trotz des außergewöhnlich starken Wuchses wohl Ackersenf (Sinapis arvensis). - Lehmanschüttung bei Bad Breisig. © STH, 21.4.2014.



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Verwendung der Senf-Arten

Senf-Samen enthalten keine Stärke, sondern bis zu 30 % fettes Öl und als Scharfstoff Glykoside, die in Verbindung mit Wasser Senföle bilden.

Die Scharfstoffe der Senfpflanzen und anderer Kreuzblütler sind gar nicht so ganz harmlos - selbst im Futter der Tiere nicht. Mit der Blüten- und Samenbildung kommt es zu einem starken Anstieg der Senfölglycoside auch in den grünen Pflanzenteilen; vorher ist die Verfütterung unproblematisch.

Selbst die Verfütterung der Pressrückstände von Raps kann zu Vergiftungserscheinungen führen; die Verwendung der Rückstände aus der Senfherstellung verbietet sich ebenfalls!

Die pflanzlichen Senfölglycoside sind ungiftig; erst nach der enzymatischen Aufspaltung entstehen toxische Stoffe, nämlich Isothiocyanate (Senföle), Thiocyanate und Nitrile, wobei die ersteren zur Kropfbildung führen können. Akute Vergiftungen äußern sich in der Störung der Verdauungs- und Nierenfunktionen. [-> Horst u. Karin Liebenow: Giftpflanzen - Vademekum für Tierärzte, Landwirte und Tierhalter; 4. Überarb. Aufl.. Stuttgart, 1993.]


Brassica nigra, der Schwarzsenf mit dem säure-ähnlichen Glykosid Sinigrin soll den schärferen Senf liefern; Sinapis alba, der Gelbsenf mit dem Glykosid Sinalbin den milderen.

Senfmehl zur Herstellung von Tafelsenf und pharmazeutischen Mitteln scheint teilweise auch nach Entzug des Öles in den Handel zu gehen.


Tafelsenf wirkt abführend und harntreibend, reizt aber die Magenschleimhaut und soll daher nur in kleinen Mengen genossen werden.

Schon die alte Hildegard von Bingen meint, der Senf sei empfindlichen und kranken Menschen nicht zuträglich und empfiehlt, seine nutzlosen Stoffe mit Wein oder Essig auszuziehen.

Äußere Anwendung fanden die frisch gemahlenen, mit Wasser angerührten Samen bei Rheuma und bronchialen Erkrankungen.

Derartige Senfpflaster können anscheinend leicht zu Entzündungen und schwer heilenden Hautschäden führen und sollen daher nur 5 - 15 Min. auf der Haut gelassen werden; M. Mességué empfiehlt, das Senfmehl zu gleichem Anteil mit Leinmehl zu verkneten.


Sowohl die Anwendungsbereiche des Senfes in der westlichen Heilpraxis als auch die Verwendung in indischen Currys scheinen beide durch das hautschonendere Paprika- bzw. Chili-Pulver (Wirkstoff Capsaizin) ersetzt worden zu sein.


Die Blüten von Schwarzem und Weißem Senf liefern Bienennahrung.

Auch Raps, besonders Sommerraps, ist ja eine sehr gute Bienenweide (auch für Pollennahrung); Rübsen und Ölrettich sind dagegen von nur mäßigem Wert für die Bienen.




Unidentifizierter Wildsenf. - Rheinufer bei Brohl. © STH, 21.6.2014.




Copyright © St. Th. Hahn, 04.12.2015; Ergänzungen am 20.1.2016.

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