Kultur vor der Kultur (Forts.)


Handwerkliche Kultur

Wie schon erwähnt, ist Eisen die Voraussetzung aller Werkzeuge, die heute die Penan-Kultur ausmachen: Blasrohre, Speerspitzen und Schneidmesser aus Hartholz, Bambus oder Knochen müssen mit Eisenwerkzeugen hergestellt werden; auch das Fällen vieler Baumarten war ohne Eisen nicht möglich.

Bruno Manser gelangt sogar zu der Auffassung, dass auch die Nahrungsgewinnung aus Palmen (Sago und Palmherzen) unter steinzeitlichen Bedingungen kaum möglich sei. Das bekräftigt die Theorie von der späten Wiederbesiedlung des Regenwaldes. Das wirksamste Werkzeug der Kultur der Steinzeit dürfte demnach das Feuer gewesen sein, das mit Hilfe der Brandrodung einen Hackbau ermöglichte.


Die Penan bezogen seit langer Zeit Messer von Schmiedehandwerkern der benachbarten Kellabit, Kayan und Belawan; das Metall stammte von chinesischen Händlern.

Blasrohre werden mit Metallbohrern aus dem härtesten Holz der Stützwurzeln bestimmter großer Bäume hergestellt; die Prozedur erfordert enormes technisches Geschick. Früher wurden die Blasrohre von Kajan und Keniak gefertigt.

Blattstängel von Palmen werden zu Blasrohrpfeilen verarbeitet; für Pfeilspitzen wird Weißblech verwendet.


Die wichtigsten Pflanzen im Leben der Penan sind Sagopalmen, Pfeilgift-Pflanzen und die stacheligen Rotang-Palmen, die zu Rattan-Geflechten aller Art verarbeitet werden.

Die Penan stellen aus verarbeitetem Rattan kunstvolles Flechtwerk für den täglichen Gebrauch her.
Die Einfärbung erfolgt mit den Fruchtschalen von Rambutan-Früchten: nach Behandlung in dem kochenden Absud folgt eine Beizung in Lehm-Matsch. Der Prozess der Schwarzfärbung und die Ornamentik werden in Tagebuch 12 dargestellt. Aus den Rattan-Sprossen werden auch Armreifen hergestellt.

Die Stacheln des Janan-Rattan sollen früher als Pfeilspitzen verwendet worden sein; seine Triebe enthalten Trinkwasser.


Vogelleim wird aus dem Milchsaft der Jackfruchtbäume (Artocarpus) und Würgfeigen (Ficus) hergestellt und auch zur Schädlingsbekämpfung (gegen Mäuse, Kakerlaken usw.) eingesetzt.

Die Penan kennen eine Reihe von Pflanzen, aus denen Waschlaugen hergestellt werden. Eine latexhaltige Hoya-Liane (Asclepiadaceae) an Flussufern mit wechselständigen, sehr fleischigen, 25 cm langen und mehr oder weniger parallelnervigen Blättern, die durch Zerstoßen zur Herstellung der Lauge verwendet werden; die Blätter zweier Antidesma-Arten (Euphorbiaceae) werden in Wasser ausgequetscht, wodurch ein grasgrünes, weiches Haarwaschmittel entsteht.

Lampenähnliche Fackeln werden aus Baumharz, das in Blätter eingebunden wird, gefertigt; Harz wird allgemein als ‘Niateng’ bezeichnet. Besonders gefragt ist 'Pellaio' das Harz der tropischen Konifere Agathis, das auch bei großer Nässe als Zündstoff verwendet werden kann.


Pflanzenbau

Die Penan betätigen sich fast so wie Vögel und Kleinsäuger als Waldgärtner, wenn sie große Mengen Früchte verspeisen. Sie haben sogar ein Wort für sich an Abtritt-Plätzen entwickelnde Fruchtbäume: ‘Tello Ani’, was in etwa Scheiss-Schössling bedeutet.

“Wo der Penan in der Fruchtzeit seine Notdurft verrichtet, spriessen bald junge Fruchtbäume. Viele alte Siedlungsplätze sind als auf diese Weise natürlich entstandene Fruchtgärten gekennzeichnet.”


Auch den Penan ist Brandrodungsbau bekannt; bei nur einjähriger Nutzung und einer Ruheperiode von 10 - 20 Jahren bleibt die Bodenfruchtbarkeit erhalten, die vollständige Wiederbewaldung dieser Brandrodungsflächen ist in 50 - 80 Jahren erfolgt.

In Brandrodungsflächen wird mit Sästöcken im Abstand von 30 - 50 cm Reis gesät, als Zwischenfrucht oft Mais; schon nach 2 - 3 Wochen hat sich ein dichter Bestand entwickelt.

Es gibt im Landesinneren sogar sesshafte Penan in Langhäusern mit bis zu 40 Familien.

Die christliche Mission in Berun bewegt die nomadischen Penan von Sarawak zur Sesshaftigkeit und zum Pflanzenbau. So sind nunmehr die meisten Penan sesshaft, können sich aber durch ihre Anbaufrüchte nicht ausreichend ernähren und gehen daher oft zur Sago-Gewinnung in den Wald zurück.

Dabei ist anzumerken, dass der Brandrodungs-Reisbau eine sehr anstrengende und uneffektive Anbauweise ist; der Nassreis-Anbau erfordert viel weniger Arbeit; hierbei erfolgt eine Nährstoffzufuhr über das Wasser.

Wie schon erwähnt, waren die benachbarten Kellabit stets Reisbauern und verstanden sich nicht auf die Sago-Bereitung. Bei ihnen sind die Frauen tätowiert. Sie erlernten von den Küstenbewohnern den Bootsbau und Fischfang und leben heute in Wassernähe. Die schon vor mehr als einem halben Jahrhundert aus Kalimantan eindringenden Keniak und Kaian verdrängten die nahe miteinander verwandten Kellabit und Murut aus den Waldgebieten.


Die Holzkonzerne sollen bei der malayischen Regierung durchgesetzt haben, dass den Dayak die Brandrodung verboten wurde, weil sie hinsichtlich der verbrannten Edelhölzer unwirtschaftlich sei. - Gesuche der Waldvölker, in “Kommunalwäldern” die von ihnen benötigten Nutzhölzer vor den Holzkonzernen zu schützen, wurden dagegen abgelehnt.

Überall auf der Welt wird die Priorität des "wirtschaftlichen" Wachstums gegenüber den Interessen der Bevölkerung durchgesetzt!

Hütten in offenen Anbauflächen (oder nach dem Holzeinschlag durch die Logging-Companies) sind einer starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt, und das allenthalben angebotene Wellblech heizt sich zu rasch auf. Damit die austrocknenden Laubdächer nicht undicht gegenüber dem Regen werden, werden gefaltete Blätter mit Rattanband zusammengenäht (nur 1 - 2 J. haltbar); besser sind Holzschindeln.



Lebensart

Die Penan kennen keine Zeiteinteilung und keine Jahreszeiten im Sinne von Erntezeiten; sie haben aber ein gutes Gedächtnis auch für lange zurückliegende Dinge.

Die zahlreichen hier wiedererzählten Penan-Geschichten sind meistens ausgesprochen komisch, gerade wenn sie von furchtbaren Dämonen und gefährlichen Tieren handeln. Alle möglichen Lebewesen werden auf eine magische Begebenheit zurückgeführt.

Die Funktion dieser Märchen ist sicher, sich der Überlegenheit über die umgebenden Mächte zu versichern.
Und die kunstvoll-komplizierten Erzählstränge um zugegeben einfache und archetypische Dinge stellen tatsächlich auch das intellektuelle Können und erzählerische Geschick der Penan unter Beweis.

Spitznamen auf Grund von Auffälligkeiten im Kindesalter werden zu ihren Eigennamen, doch der Eigenname des Vaters wird schon als Familienname übernommen. Penan würden aber niemals jemanden mit seinem Spitznamen anreden.


Die Nahrung wird in der Dorfgruppe und mit Gästen geteilt, die Jäger versorgen die ganze Dorfgemeinschaft und die Alten. Daher können sich Penan in einer “zivilisierten” Gesellschaft, wo Gegenwerte für Nahrung und Obdach verlangt werden, nicht lange aufhalten.

Denn die Penan werden von ihren Nachbarn und dem Staatsvolk der Malaien systematisch verprellt und betrogen, auch bei ihrem Handel mit den Erzeugnissen des Waldes, sodass es ihnen unmöglich gemacht wird, eine gesellschaftliche Stellung in Malaysia zu erringen. Das ist möglicherweise auf ihre geringe Zahl zurückzuführen, auch im Vergleich zu den aggressiveren, früher kopfjagenden Kellabit und Dayak, die sich leichter in das malayische Staatswesen integrierten.

Betrug wird in der Weltsicht des Naturvolkes aber nicht als so großer Schaden angesehen, dass er Gegenreaktionen hervorrufen würde. Lediglich Meuchelmord und die direkte Konkurrenz um Ressourcen führten früher zu blutigen Fehden; die Waldnomaden behaupten aber, nie Kopfjäger gewesen zu sein.


Es gibt Theorien über die Verdrängung kleiner und angeblich primitiverer Volksgruppen durch die sogenannten Kulturvölker in Ungunst-Gebiete, zu denen seit jeher auch die tropischen Regenwälder gezählt werden. Die Penan scheinen aber nie das Bedürfnis verspürt zu haben, ihren heimatlichen Regenwald zu verlassen.

Aber nicht genug damit, dass ihre und die Wohnstätten ihrer Ahnen, deren Rache sie fürchten, zerstört werden. Das Problem bilden die Zivilisationswüsten, in die sie heute abgedrängt werden sollen. Sollen sie unter Autobahnpfeilern leben und ihre Nahrung in Mülltonnen jagen? Gibt es von dort noch eine Fluchtmöglichkeit?



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