Stachel- und Johannisbeeren (Ribes)

Das Ribes-Beerenobst: Bestimmung und Verwendung


Einheimisches Obst führt ein Schattendasein, allerdings taten das auch schon seine Wildformen als Unterwuchs im Wald. - Das Ribes-Beerenobst hat andererseits große inhaltliche Qualitäten.


Unterscheidungsmerkmale
Verwendung
Vermehrung
Exoten



Unterscheidungsmerkmale

LAUB

Die glatten und dünnen Laubblätter der Roten Johannisbeere sind gut von denen der anderen beiden Beerenobst-Arten zu unterscheiden. Die Blätter von Ribes rubrum sind zwar fünfzählig geteilt, aber kaum eingeschnitten, und die Teilblätter bleiben eher stumpf.

Die ebenfalls rotbeerige Ribes alpinum (keine Obstsorte!) hat gleichfalls glatte und dünne Blätter, die allerdings dreizählig geteilt sind und deren Blattzipfel länger und spitzer zulaufen.

Die Schwarze Johannisbeere (R. nigrum) ist durch rauhe netznervige Blattoberflächen und den großen Mittellappen gekennzeichnet. Den charakteristischen harzigen Geruch dieser Art verbreiten die Drüsen auf der Blattunterseite.

Bei der Stachelbeere (R. uva-crispa) sind die Blattspitzen rundlich abgestumpft, die Blattränder jedoch mit breiten und relativ tiefen Kerben versehen. Die Blattoberflächen fallen durch die eingetieften Hauptadern auf. - Verglichen mit den vorigen Arten ist das Laub nur kurzgestielt.




Rote Johannisbeere, Kulturform. - Botanischer Garten, Bonn. © STH, 21.4.2011.


BLÜTEN

Die Blüten der Stachelbeere und der Schwarzen Johannisbeere sind kelch- und glockenförmig, die der Roten Johannisbeere dagegen schalenförmig.

Die Rote Johannisbeere (Ribes rubrum) bildet vielblütige, abstehende Trauben, die später herabhängen. Die weißgrünlichen, eingerollten Kelchblätter der Einzelblüten täuschen die Blütenkrone vor; sie bilden einen radförmig ausgebreiteten Kelchblattkreis, während die Kronblätter nur sehr klein bleiben (rudimentär). - Der zweikopfige Griffel der schalenförmigen Blüte ist von einem Ringwall umgeben.

Ribes nigrum hat kürzere Blütentrauben als rubrum. Auch hier übernehmen nach außen gerollte, aber größere Kelchblätter die Rolle des Kronblattkreises.

Bei der Stachelbeere bilden sich die Blüten nur zu wenigen (1 - 3) an Kurztrieben.
Ihre zungenförmigen Kelchblätter sind nach außen geknickt und täuschen die Blütenkrone vor. Die Blüte enthält kräftige Staubblätter.

Ribes alpinum stellt insofern eine Kuriosität dar, dass sie zweihäusig ist. Die männlichen Pflanzen bilden lange, aufrecht stehende Blütentrauben, während die weiblichen Pflanzen wenigblütige Blütenstände entwickeln. Bei beiden Geschlechtern täuschen gelbliche, ausgebreitete Kelchblätter eine Blütenkrone vor.




Verwendung

ROTE JOHANNESBEERE

Die sauren Früchte der Roten Johannisbeere sollen gut gegen Entzündungen sein.

Sie reinigen den Körper durch Anregung der Verdauung und werden auch bei Infektionskrankheiten empfohlen.

Die Früchte sind zwar Vit. C - ärmer als die der Schwarzen Johannisbeere, aber reich an Zitronen-, Apfel- und Pektinsäure, die angeblich bei der Marmeladen-Zubereitung Vit.C - konservierend wirken.

Ribes rubrum scheint im westeuropäischen Tiefland endemisch zu sein und hier auch erst in jüngerer Zeit gezüchtet worden zu sein.



Schwarze Johannisbeere, Kulturform. - Botanischer Garten, Bonn. © STH, 21.4.2011.


SCHWARZE JOHANNISBEERE

Die Schwarzen Johannisbeeren werden früher reif als die Roten. Sie scheinen leichter zu faulen und weniger haltbar zu sein als die Roten Johannisbeeren.

Ribes nigrum gehört zu den wichtigsten Vit. C - Lieferanten der hierzulande anbaufähigen Früchte. Ihr Vit. C-Gehalt soll ein Mehrfaches von Zitronen erreichen.

Vielleicht hat ihr gesundheitlicher Wert dazu geführt, Schwarze Johannisbeeren in sehr populären Likören zu verarbeiten. Sowohl das Nationalgetränk der Holländer, der 'Bessen-Genever', als auch der 'Cassis' der Franzosen sind Liköre aus Schwarzen Johannisbeeren.

Ethanol-Alkohol in unterschiedlicher Konzentration diente Apothekern zur Lösung und Extraktion pflanzlicher Wirkstoffe. - Liköre aus gesundheitlichen Gründen zu trinken kann aber dazu führen, dass durch ihren Alkoholgehalt andere lebenswichtige Stoffe gelöst und dem Körper entzogen werden.


Vielleicht wegen ihres Tannin-Gehaltes sollen die Früchte auch medizinisch wirksam sein.
Laut Maurice Mességué ist Ribes nigrum besonders hilfreich gegen Rheuma: er empfiehlt eine Kur mit Hilfe des Presssaftes aus 400 g Früchten und einigen Blättern täglich, in drei Portionen einzunehmen.


Die Blätter der Schwarzen Johannisbeere sollen die Schweißabsonderung fördern und das Fieber senken.
Sie sollen als Tee blutreinigend wirken (Entfernung überschüssiger Harnsäure), bei Blasenkrankheiten helfen, aber auch bei Harnverhaltung, Nierensteinen und gegen Gelenkschmerzen (Gicht).

Die Blätter werden erst ab Mitte August geerntet und getrocknet.

Das Teekraut wird zunächst in kaltem Wasser 2 h ziehen gelassen, dann kurz aufgekocht und weitere 10 Minuten ziehen gelassen. Auch der mehrtägige Kaltauszug kann mit anderen Getränken zum Wohle der Gesundheit gemischt werden (Fernand Lequenne).


STACHELBEERE

Die Stachelbeere scheint hauptsächlich in England gezüchtet worden zu sein, so dass es in der Mitte des 19. Jh.s auch im Rheinland nur englische Sorten gab.

Ich vermute, dass ihre Züchtung in der Kleinen Eiszeit auch deshalb erfolgte, um einen Ersatz für den in England jetzt nicht mehr möglichen Weinanbau zu schaffen. - Die auf Größe gezüchteten Stachelbeeren wurden zu 'gooseberry wine' verarbeitet.

[-> R. Herrmann, Poppelsdorf: Der landwirtschaftliche Gartenbau. Bonn, 1883.]


Stachelbeeren eignen sich aber auch für mannigfaltige Nachtisch-Kreationen, wobei sie stets als Kompott gekocht wurden.



Stachelbeere, Kulturform. - Botanischer Garten, Bonn. © STH, 21.4.2011.



Vermehrung

Die vom Fruchtfleisch befreiten Samen der Ribes-Arten werden einige Monate bei niedriger Temperatur (4° C) stratifiziert und im Frühjahr in geschützten Beeten ausgesät.


Johannisbeeren-Kultivare werden am besten durch Steckholz vermehrt, das man ab September schneidet und sogleich steckt. Nach einem Jahr werden die Steckhölzer auf Abstand gepflanzt und nach weiteren zwei Jahren als Beerensträucher ausgepflanzt.

Stachelbeeren lassen sich hingegen nur schlecht durch Steckholz vermehren. Sie können statt dessen nach dem Anhäufeln aus bewurzelten Abrissen vermehrt werden, z.B. indem man Ableger in Bodenrillen herabbiegt und die sich bildenden Neutriebe anhäufelt.


Das Ribes-Beerenobst besitzt die seltene Eigenschaft, auf eine artfremde Unterlage gepfropft werden zu können.
Dafür werden die amerikanischen Arten Ribes aureum oder auch die bestachelte Ribes divaricatum (nur für Stachelbeeren) verwendet.

Veredlungen werden vor allem deshalb vorgenommen, um Stämme zu erzielen, die die Fruchttriebe besser der Sonne aussetzen, und die leichter gepflegt und beerntet werden können.


Da die Stämmchen jedoch am Spalier gezogen werden müssen, kann man genausogut auch auf eigenen Wurzeln gewachsene Büsche am Spalier ziehen.

Allerdings gibt es auch einige Sorten, die sich nicht durch Steckhölzer oder Abrisse vermehren lassen.




Exoten

Eine 1975 entstandene Arthybride aus Schwarzer Johannisbeere und Stachelbeere ist die stachellose und starkwüchsige Jostabeere.

Über die Verbreitung der europäischen Wildformen des Ribes-Obstes  Weiteres hier !


Ribes-Arten hatten ihr Entwicklungszentrum möglicherweise in der westlichen Hemisphäre; aus dem asiatischen Raum sind mir nur wenige Arten bekannt.

Im Osten Nordamerikas gibt es ein Dutzend Ribes-Arten, davon rund die Hälfte bestachelt.
Im Westen Nordamerikas beheimatet sind beispielsweise Ribes odoratum, sanguineum und speciosum, letzteres eine bestachelte Art mit Fuchsien-ähnlichen Blüten.
Ribes sanguineum trägt blutrote Kelchhüllen und bildet schwarze Beeren.
Die gelbblütige Missouri- oder Büffel-Johannisbeere (Ribes odoratum) soll sehr große Früchte tragen, die sich vielleicht ebenfalls zur Obstkultur eignen.




Copyright © St. Th. Hahn, 27.05.2015.

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