Einige Klimadaten
Durch langjährige Beobachtung gewonnene klimaphänomenologische Daten können Vergleichswerte für Anomalien wie einen menschengemachten Klimawandel liefern. - Doch gleichzeitig mit einer ersten umfassenden Erhebung von Klimadaten begann auch ein Technologie-bedingter massiver Eingriff in die Klimaprozesse. Die im vorigen Jahrhundert gewonnenen Daten müssen womöglich auf ewig als Referenzwerte dienen; sie sind daher doppelt wertvoll. Aus diesem Grunde habe ich als Grundlage einer Klimatabelle bewusst die fast hundert Jahre alten Daten Wladimir Köppens verwendet. Durch die Dynamik des Klimawandels könnte das Mittelmeerklima von anderen Klimaten überlagert werden. Ein Mangel dieser Betrachtung ist, dass die Vergleichsdaten dieser anderen Klimate hier natürlich nicht ausführlich wiedergegeben werden können.
Kennwerte der Temperatur
Die tropische Klima- und Vegetationszone wird durch das Fehlen von Frösten charakterisiert. Nach dieser Definition gehören also die frostfreien Bereiche der vollariden, sogenannten subtropischen Hochdruckzone zu den Tropen (auch in der Sahara soll es zuweilen Fröste geben). Doch selbst Walter/Breckle 1991 definieren das mediterrane Zonobiom (ZB IV) unter anderem durch das Fehlen einer "Kälteperiode im Winter". Die Wintertemperatur bewege sich um 10° C. Zur Abgrenzung des typischen Mittelmeerklimas wurde eine Januar-Isotherme von (mindestens) 5° C empfohlen; zur Abgrenzung des maritimen Klimas Westeuropas vom übrigen Europa eine Januar-Isotherme von 1° C [Harms Europa 1978]. Die winterliche Abkühlung im Mittelmeerklima sinkt selten unter 5° C. Kältester Monat ist der Januar mit einer Durchschnittstemp. von 5,5° C in Marseille, 7,9° C in Genua, 12,5° C in Malaga. Das Mittelmeerklima ist nicht frostfrei; an seiner Nordseite kann es unter Einfluss bestimmter kalter Fallwinde zu Frösten bis weit unter - 5° C kommen (Tiefstwert in Marseille -16,8° C). [Rother 1984]
Als Grenzwert zwischen unserem kühlgemäßigten und dem südlichen warmgemäßigten Klima wurde von C. Troll ein Mittelwert des wärmsten Monats von 20° C empfohlen [Troll/ Paffen 1964]. Mäßige Temperaturschwankungen von 14 - 16° C sind ebenso für den Mittelmeerraum wie für Westeuropa typisch. Hiervon weicht die Poebene ab, die bei Temperaturschwankungen bis 24° ein nahezu kontinentales Klima besitzt. [Harms 1978] Athen hat im Sommer höhere Temperaturen als Alexandria - und zwar infolge seiner relativ kontinentalen Lage im Windschatten [Harding et al. 2009]. Niederschlagsaufkommen
Im Winter sorgen Zyklone infolge der Frontbildung zwischen polaren und tropischen Luftmassen für einen großen Teil des Niederschlagsaufkommens. Im Sommer beherrschen die trockenheißen kontinentalen tropischen Luftmassen aus dem Sahara-Raum das Wettergeschehen; die atlantischen Gebiete geraten allerdings außerdem unter Einfluss feuchtwarmer maritimer Luftmassen. [Rother 1984] Die typisch mediterranen Gebiete weisen eine eingipflige Niederschlagskurve auf: der meiste Regen fällt in der Winterzeit, wenn der subtropische Hochdruckgürtel auf seine südlichste Position verschoben wird. In der Ägäis und auch an der Atlantikküste reicht dieses Gebiet echter Winterregen am weitesten nach Norden. Im nördlichen Mittelmeerraum (Italien, Süd-Frankreich, N- u. W-Spanien) konzentrieren sich die Niederschläge eher auf den Herbst. Im westlichen Hinter- und Gebirgsland des Mittelmeeres (in der spanischen Meseta, am Nordrand der Pyrenäen und offenbar auch in den 'Alpes maritimes') soll es zu einem zweigipfligen Niederschlags-Maximum im Herbst und im Frühjahr kommen, weil im eigentlichen Winter die Bahn der Westwind-Zyklone durch nördliche Luftmassen versperrt ist. Eine Klimaanomalie des Mittelmeerbeckens sind die hohen Niederschläge an den Westseiten der großen Halbinseln und der Gebirge. Die Stadt Porto hat Jahresniederschläge von > 1200 mm, Neapel > 1000 mm, die Westflanke des Dinarischen Gebirges erhält > 2000 mm und die mit > 4600 mm niederschlagsreichste Klimastation Europas überhaupt befindet sich in Montenegro [Harms 1978]. Das so mediterran wirkende Italien erhält als Querriegel maritimer Luft mehr Niederschlag als England, allerdings ungleichmäßig verteilt; London im östlichen Regenschatten der Britischen Inseln kommt nur auf einen Jahresniederschlag unter dem von Rom. Starkregen
Charakteristisch für das Mittelmeerklima ist häufiges Hochdruckwetter und die geringe Zahl der Regentage; daraus lässt sich klar ableiten, dass die größten Regenmengen als "mit Gewittern verknüpfte Starkregen" niedergehen - was auch als 'torrentieller Regen' bezeichnet wird. [Rother 1984] Von Norden nach Süden fallen die Niederschläge in zunehmendem Anteil als Starkregen, wodurch auch der Oberflächenabfluß verstärkt wird [Wagner 2001]. Starkregen-Ereignisse, die normalerweise durch stationäre Regenwolken hervorgerufen werden, verursachen in urbanen Gebieten schon auf relativ kleinem Raum viel schneller eine Überflutung (innerhalb von 1 h) als in naturnäheren ländlichen Räumen mit viel größeren Einzugsgebieten und Regenmengen.
Aridität und SommertrockenheitDas Klima am Mittelmeer ist durch seine sommerliche Trockenheit und eine "hohe Niederschlagsvariabilität" (selbst in den regenreichen Jahreszeiten) gekennzeichnet; die Jahresmengen sind dennoch relativ hoch [Rother 1984]. Die mediterrane Trockenheit wird eigentlich nur durch die breitengradbedingte höhere Einstrahlung und Verdunstung hervorgerufen, da die Niederschläge vergleichbar mit denen von Mittel- und Nordeuropa sind. Es ist vor allem pflanzenökologisch sehr wichtig, dass in mediterranen Regionen die "potentielle Evaporation im Jahresmittel höher als das Jahresmittel der Niederschläge" ist [Walter/ Breckle 1991]. Allerdings sorgen die winterlichen Niederschläge für eine ausreichende Auffüllung der Boden- und Grundwasser-Vorräte, die normalerweise einen immergrünen Wald als permanente Vegetationsdecke versorgen können [Grabherr 1997]. Grabherr 1997 stuft das 'Warmtemperate Zonobiom mit Hartlaubwäldern' anhand seiner Aridität (hier von Süden nach Norden) ab in xero-, eu-, hygro- und supra-mediterrane Subzonobiome. Im südlichen Mittelmeerraum (Faro, Kreta, Jerusalem) erstreckt sich der Zeitraum der Dürre (Verdunstung höher als Niederschlag) auf 6 Monate. Faro in Südportugal erhält nur 363 mm Jahresniederschlag. [Grabherr 1997]. Das wüstenhafte Klima an der Atlantikküste ist auch auf die kalte Azorenströmung (Auftriebgebiet von Tiefenwasser aus dem Norden) zurückzuführen, die kaum maritime Luftmassen zur Verdunstung zu bringen vermag. Die mittelmeerischen Halbinseln sind alle mit quer zur Windrichtung ausgerichteten Gebirgen ausgestattet, deren "westliche Luvseite" infolgedessen im Gegensatz zur "östlichen Leeseite" reichlichere Regenfälle erhalten. Besonders betroffen von dieser Situation ist die Iberische Halbinsel, deren westliche, nördliche und zentrale Gebirge die Niederschläge zurückhalten. An der spanischen Ostküste, aber auch am Mittellauf des Ebro (Belchite) herrschen deshalb halbwüstenartige, quasi kontinentale Niederschlagsverhältnisse. Die ägyptische und der größte Teil der lybischen Küste mit > 7 ariden Monaten und Jahresniederschlägen < 250 mm gehören nicht mehr zum Mittelmeer-Klima. Zypern, die Levante-Küste und die lybische Halbinsel Cyrenaika haben eine ähnlich lange Trockensaison, erhalten aber mehr Niederschläge (bis um 500 mm). Erstaunlich hohe Niederschläge erhält dagegen Algier bzw. die Küste am Fuß der nordafrikanischen Gebirge. - Niederschlagsvariabilität
Die allgemeine Niederschlagsvariabilität soll im Mittelmeerklima ± 15 - 20 % betragen. Sie soll in der Trockensaison und in den sich südlich anschließenden 'Trockenen Subtropen' noch höher sein. [Rother 1984] Besonders zum Südosten des Mittelmeergebietes hin kommt es zu größeren Schwankungen der Jahresniederschläge mit mehrjährigen Dürreperioden [Wagner 2001]. - Dauer der Sommertrockenheit
Eine Kennzeichnung der mediterranen Gebiete kann durch die Länge der Trockenzeit, die zonal und regional zwischen ca. 30 - 180 Tagen bzw. 1 - 6 ariden Monate schwanken kann, erfolgen. Die vollmediterrane Zone weist 3 - 5 aride Monate und eine bis zu 100tägige Sommerdürre auf. Einer mediterran-humiden Zone mit einer nur bis zu 40tägigen Sommerdürre zugerechnet werden z.B. die südlichen Teile des Rhône-Tales [Wagner 2001]. Zu beachten ist die fehlende Sommertrockenheit nördlich der Pyrenäen, in Ligurien und in der Toscana, erstaunlicherweise aber auch in Apulien. - Hygrische Vegetationsgrenzen
Besonders im Mittelmeergebiet, aber auch in kühl-gemäßigten Regionen, fällt die hygrische Waldgrenze ins Gewicht, die die Winterregen-Gebiete mit Hartlaub- oder Nadelwäldern von der Steppe trennt. Semihumide und semiaride Teilgebiete besitzen ihre hygrische Jahreszeit entweder im Sommer oder im Winter. Die hygrische Waldgrenze zum semiariden Klima ist am deutlichsten in den nemoral geprägten Klimaten ausgeprägt, wo Grasland an die Stelle des Waldes tritt; in den warmen Klimaten sind dagegen unter semiariden Bedingungen Trockengehölze häufig. Das semiaride Klima zeichnet sich noch durch eine geschlossene Vegetationsdecke aus im Gegensatz zur ariden Halbwüste. In semiariden Winterregengebieten entwickeln sich Trockengehölze, in semiariden Sommerregengebieten dagegen Grasformationen. [Schroeder 1998]
Einige Klimastationen
Köppens ursprüngliche Datenerhebung dürfte für die Beurteilung des Klimasystems noch wertvoller sein als die fortschreibende Angleichung seiner Klimaprovinzen an die aktuellen Klimawerte. Mir liegen die damals aktualisierten Normalwerte im Anhang seiner überarbeiteten Ausgabe der "Klimate der Erde" von 1931 vor ("Grundriss der Klimakunde", Berlin/ Leipzig, 1931). Soweit vorhanden, habe ich Köppens Daten mit der Normalperiode 1961 - 1990 nach Schröder 2000 verglichen; die neueren Daten sind in Klammern gesetzt. Der untere Teil der Tabelle enthält zum Vergleich Klimastationen jenseits des mediterranen Klimabereichs. Obwohl es sich nur um eine sehr unvollständige und grobe Auswahl handelt, könnte man aus den Klimadaten ablesen, dass die Regionen im Süden bereits im 20. Jh. trockener geworden sind (besonders Palermo), die Gebiete im Norden aber regenreicher (besonders Brest).
QuellenangabenWladimir Köppen: Grundriss der Klimakunde. Berlin/ Leipzig, 1931.
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Klassifikation des mediterranen Klimatyps
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