Hochwasser am Mittelrhein
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Klimawandel am Rhein (Fortsetzung) |
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Aktueller Klimawandel |
B. Prognostizierte Zunahme von Sommertrockenheit und Niedrigwasser
"Die kombinierte Auswertung historischer Trocken- und
Niedrigwasserperioden und der Großwetterlagen zeigte, dass die GWL
"Hochdruckbrücke Mitteleuropa (BM)" durch lang andauernde,
zusammenhängende BM-Perioden an allen ausgeprägten Trockenperioden im
Sommer (JJA) bzw. in den Vegetationsperioden (April-Sept.) maßgeblich
beteiligt war." [Hans J. Caspary 2010]
Mit dem Wasserhaushaltsmodell LARSIM wurde bislang eine Auswertung von 121 Pegeln in Baden-Württemberg, Nord-Bayern und im Einzugsgebiet der Nahe vorgenommen, womit eine Einschätzung des Niedrigwasser-Risikos versucht wurde [Jürgen Ihringer 2010]. Beim Mittleren Niedrigwasserabfluss des Sommer-Halbjahres MNQ(So) waren deutliche Abnahmen an nahezu allen Standorten festzustellen.- Eine Abweichung hiervon stellt das Einzugsgebiet der Nahe in Rheinland-Pfalz dar mit deutlichen Zunahmen der Abflüsse (besonders an der Glan). Dies ist wohl auf den geografisch bedingten Einfluss zyklonaler Westwindlagen zurückzuführen. Besonders auffällig ist die Abnahme der Niedrigwasserabflüsse
im Sommer am Hochrhein und am südlichen Oberrhein (wobei letzteres
durch eine deutliche Abnahme der Niedrigwasserabflüsse im Schwarzwald
erklärbar ist).
Beim 10-jährlichen Niedrigwasserabfluss (NQ10) ergebe sich im Mittel aller Standorte eine Abnahme von 10 %. - Die Dauer der Niedrigwasserperioden verlängerte sich nicht an allen Standorten, doch ist die zukünftige Veränderung der Dauer von Niedrigwasserperioden bezogen auf den Ist-Zustand extrem ausgeprägt, sie steigt nämlich im Mittel um 71 % an. [Jürgen Ihringer 2010]
Frühjahrs-Niedrigwasser 2011 bei Bad Breisig
Eine durch allgemeine atmosphärische Erwärmung verringerte
Wasserbindung in Eis und Schnee führt nicht nur zu Winterhochwassern,
sondern hat auch im Frühjahr und Sommer durch Mangel an Schmelzwasser negative
Auswirkungen auf den Gewässerhaushalt.
Die Schneerücklagen der Alpen sollen den Rhein normalerweise bis in den Juni herein ausreichend mit Wasser versorgen, waren 2011 aber schon im Januar abgeschmolzen [Sabrina Gerber, www.rp-online.de, am 26.05.2011].
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Sommerhochwasser an der Elbe |
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Niedrigwasser im April-Mai 2011 |
Niedrige Wasserstände treten normalerweise erst von August bis November auf (vgl. Abfluss-Diagramm)]. Das außergewöhnliche Frühjahrs-Niedrigwasser von 2011 wird mit dem Fehlen einer Schneeschmelze in den Alpen in Verbindung gebracht, weil die Winter-Niederschläge überwiegend als Regen fielen. Hinzu kam der Mangel an Niederschlägen über eine Periode von mehreren Wochen.
Eine solche Klima- und Witterungssituation lässt sich auch am Wasserstand des Bodensees ablesen, der nicht nur in diesem Frühjahr, sondern auch schon 1996 und 2003 auf extrem niedrige Wasserstände abfiel [Wolfgang Messner in: Stuttgarter Zeitung, am 25.05.2011].
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einige Pegeldaten 2011 |
In Worms sank der Pegel schon Ende April unter 70 cm, also auf
etwa ein Zehntel der Hochwassermarke, und näherte sich Ende Mai 60 cm.
Düsseldorf: Vier Tage später sank die Wasserhöhe bis auf 77 cm; allerdings war der Pegel in Düsseldorf im Jahre 2003 zu einer weiter fortgeschrittenen Jahreszeit sogar auf 40 cm abgefallen. [Gerhard Voogt, www.rp-online.de, am 31.05.2011]
Wieder etwas Zulauf nach seinem Niedrigststand Ende Mai erhielt der Rhein in den ersten Junitagen 2011 während einer Gewitterperiode mit sehr hohen Regenmengen, die dann auch zu sichtbarem Bodenabtrag führten.
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Gefahren für die Schifffahrt |
Die Koblenzer "Rhein-Zeitung" dokumentierte die Gefahren für die Schiffahrt durch Niedrigwasser mit Fotos von den gefährlichen Felsen und Untiefen an der Loreley und an den Sieben Jungfrauen bei Oberwesel.
Da die Fahrrinne verschmälert wird, sollte eigentlich in ihr ein großes Gedränge entstehen; bei Niedrigwasser ist davon allerdings nicht viel zu sehen, denn viele Schiffe bleiben zuhause - sie können ohnehin nur wenig Ladung aufnehmen, weil sie sonst das Risiko eingehen, auf Grund zu laufen. Immerhin gibt es als Anreiz, trotzdem zu fahren, den sogenannten Kleinwasserzuschlag: Der Auftraggeber zahlt für den aufwändigeren Transport der Güter mehr als bei normalem Wasserstand. Neben den Einbußen beim Gütertransport entstehen auch Einbußen in der Personenschifffahrt - und das in der Hochsaison ... Die Ausflugsdampfer konnten im Frühjahr 2011 einige Anlegestellen nicht mehr anfahren.
Der Untere Mittelrhein Ende April 2011
Es kam auch zu Grundberührungen:
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Gefahren für die Gewässerökologie |
Nicht nur durch die Klimaerwärmung, sondern auch durch niedrige Wasserstände ist eine flächendeckende Erhöhung der Gewässertemperaturen zu befürchten; dadurch werden Lebensräume und ganze Nahrungsnetze verändert; die ökologischen Optima vieler Arten werden verschoben oder sogar vernichtet.
Wegen des Frühjahrs-Niedrigwassers musste beispielsweise die Roos, ein Altarm des Rheins bei Düsseldorf, abgefischt werden. Die Wassertemperatur an der Messstation Düsseldorf-Flehe habe Ende Mai 21,5° C betragen. "Bereits Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad können empfindliche Arten wie Lachsforelle und Äsche belasten. Barbe, Rotauge und Zander sind ab 25 Grad gefährdet." [Gerhard Voogt, www.rp-online.de, am 31.05.2011]
Bei Niedrigwasser werden nicht nur Fische, sondern auch Badende von allerlei Krankheiten und Ungeziefer befallen, die in dem erwärmten Wasser günstige Lebensbedingungen finden. Bei Niedrigwasser legt der Rhein große Kiesflächen frei, die von weitem als Strände einladen. In unmittelbarer Nähe verbreitet der Rest-Strom aber einen infernalischen Gestank, der wohl auf die freigelegte abgestorbene organische Substanz zurückzuführen ist.
Freizeitfreuden
Schon der technische Gewässerausbau hat zu einer Austrocknung der Landschaft geführt: der totale Ausbau des Oberrheins führte zu "Grundwasserspiegelabsenkungen, Ausdörrung und Versteppung des ehemals fruchtbaren Umlandes. Der Aue wurde buchstäblich das Wasser abgegraben. Aus einer ehemals wasserreichen Stromlandschaft wurden auenfremde Dauertrockenstandorte, aus dem wilden Strom ein kärgliches Rinnsal." [Robin Wood Magazin 2002 Heft 1] Eine Verschärfung der Niedrigwasser-Situationen erfolgt im Zusammenhang mit der wasserwirtschaftlichen Entnahme von Flusswasser. - Es ist wohl kaum möglich, in solchen Situationen Kraftwerke weiterzubetreiben, die im Vollastbetrieb große Mengen Kühlwasser benötigen. Gegen diese zusätzliche thermische Belastung des Rheins müssen Wärmelastpläne aufgestellt werden.
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20.10.2011 St. Th. Hahn.
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