Fruchtwechsel je nach Zweck
Hierzulande wurden Fruchtfolgen und Anbaupausen vorwiegend unter dem Gesichtspunkt des Nährstoffverbrauchs konzipiert.
An Nährstoffen verarmte und heruntergewirtschaftete Böden stellen aber auch ein hygienisches Problem dar, wenn ihre Pflanzenkulturen Schädlingen keine Widerstandskraft mehr entgegensetzen können.
Fruchtwechsel wird als sinnvoll erachtet zur Regulierung des Schädlingsbefalls und Herstellung eines biologischen Gleichgewichts mit Nützlingen [Krieg/ Franz 1989].
Außerdem kann Fruchtwechsel zur Steuerung des Unkrautaufkommens eingesetzt werden und zur Steuerung der Durchwurzelung zur Bodenerschließung und Förderung der Bodengare.
Die heutige Fruchtfolge-Praxis erfolgt jedoch hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des Nährstoffbedarfs und stark vereinfacht durch Unterscheidung in Halmfrüchte (Getreide) und Blattfrüchte (Hackfrüchte und Gemüse, Grün- und Silomais, Raps, Futtergräser, Leguminosen) [Martin/ Sauerborn 2006].
Die Erfahrungen in den USA zeigten, dass nicht nur Sojabohnen als Stickstoff-Binder in einer Fruchtfolge die Erträge steigern, sondern auch die Soja-Erträge selbst in einer Rotation mit Getreide gesteigert wurden [Francis/ Clegg 1990].
Auch durch die Rotation Sorghum - Mais und umgekehrt waren erstaunliche Ertragssteigerungen zu erzielen.
Rotationen verbessern die Bodeneigenschaften und den Stickstoffhaushalt durch die variierenden und sich ergänzenden Eigenschaften der beteiligten Kulturen. Wichtig ist dabei die Wurzelerschließung. [Francis/ Clegg 1990]
Monokultur führt hingegen zur Verdichtung der Böden und einer dadurch verringerten Infiltration der Niederschläge.
Auch Sonderkulturen wie beispielsweise Flachs und Erbsen benötigen einen weitgestellten Fruchtwechsel.
Für einen optimierten Nährstoffhaushalt
Die Einführung der Dreifelderwirtschaft und anderer Fruchtwechselsysteme erfolgte als Reaktion auf die Beobachtung des nachlassenden Getreideertrags.
In Südeuropa wurde Zweifelderwirtschaft betrieben, indem alljährlich ein Wechsel zwischen Ackernutzung und Brache stattfand [Braudel 1972]. Unklar wird gelassen, ob sowohl Winter- als auch Sommerfrüchte angebaut werden konnten. Die Sommerfrucht Hafer war immerhin wichtig für die Pferdehaltung.
In Nordeuropa wurde die Dreifelderwirtschaft mit Herbstaussaat (Weizen od. Roggen) - Frühjahrsaussaat (Hafer) - Brache präferiert [Braudel 1972]. Wegen der größeren Feuchtigkeit und der größeren Großviehbestände zur Düngerversorgung waren hier die Erträge trotz intensiverer Nutzung höher.
Große Bedeutung hatten die Stoppelfelder für die Viehwirtschaft und Transhumance. Deren Dünger wurde für den Weizen genutzt, nicht für das Sommergetreide. [Braudel 1972]
Reihenkulturen mit häufiger Bodenlockerung, die traditionell als Hackfrüchte bezeichnet wurden, wirken besonders nährstoffzehrend und sind deshalb auf einen Fruchtwechsel angewiesen [Andreae 1985]. Andererseits verlässt man sich oft auf Kunstdünger als Problemlöser für sie wie im Maisanbau.
In dem durch Monokultur geprägten Anbaugürtel der USA erreichte ein Fruchtwechsel immerhin noch um 10 - 15 % höhere Erträge [Reganold/ Papendick/ Parr 1997].
Angewendet wurden beispielsweise
- Fruchtfolgen mit drei Jahren Luzerne (als reiner Gründünger, aber auch zur Heugewinnung) - Weizen - Sojabohnen - Weizen - Hafer
- oder ein gemischter Anbau von Gründünger und Getreide in Konturstreifen (entlang des Reliefs) bei vierjährigem Umtrieb: Mais - Hafer - 2 Jahre Luzerne.
Die Umstellung führte zunächst zu einem Ertragsrückgang, der aber durch allmähliches Vorgehen auf Teilflächen abgefangen werden kann.
Bodenverbesserung durch Wurzeln
Wurzelmasse bringt Nährstoffe in den Boden bis in tiefe Bereiche [Anderson 1992].
Doch ist der langsamere Abbau der Wurzelmasse im Vergleich zur oberirdischen Biomasse zu berücksichtigen.
Ebensowichtig ist die bodenlockernde Wirkung der Kulturen mit einem starken Wurzelsystem.
Bekannt ist die bodenlockernde Wirkung der Kartoffelkultur.
Rüben und Mais führen dagegen wegen ihrer geringen Wurzelmasse zu Bodenverdichtung.
Luzerne entwickelt besonders viel Wurzelmasse und tiefreichende Wurzeln, allerdings wohl auch infolge ihrer zweijährigen Kultur; der einjährige Rotklee-Anbau dürfte daher genauso effektiv sein [Anderson 1992].
Unter den Getreidearten akkumuliert besonders Winterroggen beträchtliche Wurzelmassen.
Besonders tiefreichende Wurzeln besitzt Hafer. Obwohl ziemlich flach wurzelnd, entwickelt die Hirse mehr Wurzelmasse als der Hafer. [Anderson 1992]
Verbesserung der Humusbilanz
Zu beachten sind die geringen Ernterückstände mancher Kulturen, insbesondere der Blattfrüchte. Eine positive Wirkung auf die Humusbilanz hat der Getreideanbau mit rund 20 t/ha organischen Rückständen und keiner Notwendigkeit zur regelmäßigen mechanischen Unkrautbekämpfung. [Haber/ Salzwedel 1992]
Erfahrungen, dass ein hoher Getreideanteil in der Anbaufolge nachteilig für den Humusgehalt der Böden ist, sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass das Stroh nicht in den Stoffkreislauf zurückgeführt wurde.
Die Rückstände der Getreidearten haben ein relativ weites C/N-Verhältnis und werden deshalb besonders langsam zersetzt.
Während einfache Kohlenhydrate und Proteine im Boden innerhalb von Wochen und Monaten umgesetzt werden, haben Bestandsabfälle, besonders aber die Getreidestreu mit ihrem weiten C/N-Verhältnis und die Gründüngung Halbwertzeiten von 50 Jahren im Boden. Humusstoffe erreichen sogar Verweilzeiten von mehr als 1000 Jahren. [Anderson 1992]
Auch für die Ernterückstände von Leguminosen wie der Luzerne und besonders für Ackerbohne und Lupine gilt, dass sie reichlich Ernterückstände hinterlassen und für eine Verbesserung der Humusbilanz sorgen [Anderson 1992].
Gründüngung habe schon einen Anteil von einem Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen erreicht [Haber/ Salzwedel 1992]
Die moderne Wirtschaftsweise mit der Kombination aus Handels- und Wirtschaftsdüngern habe die Fruchtbarkeit der Böden im Allgemeinen verbessert [Haber/ Salzwedel 1992]. Denn auch Mineraldünger führen zur Vermehrung der Biomasse und damit auch der organischen Rückstände, die dem Boden zugeführt werden können. Daher führe die Kombination aus Mineral- und Wirtschaftsdüngern zu einer besseren Humusbilanz als die ausschließliche organische Düngung.
Die Gefahr einer negativen Humusbilanz entstehe lediglich bei einem intensiven Mais- und Hackfruchtanbau. Hier habe die Herbizidanwendung den positiven Effekt des im Vergleich zur mechanischen Unkrautbekämpfung geringeren Humusabbaus. [Haber/ Salzwedel 1992]
Fruchtwechsel als Hygienemaßnahme
Durch Fruchtwechsel, Zwischen- und Mischkulturen und den Einsatz von Fangpflanzen soll ein Aufbrechen der Wirtspflanzen-Beziehung des Standortes zu Schädlingen und Pathogenen erreicht werden.
Feindpflanzen können Schaderreger-Populationen aktiv vermindern, Neutralpflanzen eigenen sich zur Bekämpfung von Schaderregern mit geringer Überdauerungsfähigkeit [Heitefuss 2000].
Gegen spezifische Pathogene können in die Fruchtfolge resistente Arten und auch Sorten wie z.B. Mehltau-resistente Gersten-Sorten eingefügt werden [Zoschke 1992]. Probleme bereiten u.U. wirtsunabhängige pilzliche Pathogene wie Fusarium, die sich über den Boden ausbreiten.
Fruchtfolgekrankheiten werden von weitgehend immobilen, insbesondere bodenbürtigen Krankheiten verursacht, nämlich durch
- Dauerstadien von Viren, Pilzen, Nematoden, Insekten und
- saprophytische Phasen von Pilzen und Bakterien.
Unter dem antiphytopathogenen Potential des Bodens versteht man die Konkurrenzkraft und antibiotische Wirkung der übrigen Bodenlebewesen gegenüber Schaderregern.
[Heitefuss 2000]
Die Fußkrankheiten des Getreides Halmbruch (Pseudocercosporella herpotrichoides) und Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis) schädigen Weizen und Gerste am stärksten und werden von diesen auch am stärksten verbreitet. [Heitefuss 2000]
Fruchtfolgefehler führen außerdem zur Ausbreitung von Brachfliege, Gall- und Sattelmücke in Weizen und zur Ausbreitung des Getreidezystenälchens besonders im Hafer [Fischbeck/ Heyland/ Knauer 1975].
Auch bei höheren Schädlingsorganismen wirken sich nicht nur die aktuellen Anbauanteile des Areals auf die Populationsentwicklung aus, sondern auch die Kulturen der vorangehenden Saison.
Überdauernde Insekten können auch benachbarte Schläge im Folgejahr befallen; möglicherweise ist dann aber eine Schädlingsbekämpfung nur auf den Randstreifen notwendig.
Leider ist auch der Anteil der jeweiligen Fruchtfolge an den Anbaukulturen im näheren Umkreis zu beachten, weil spezifische Schädlinge und Krankheitserreger, die mobil sind, von Nachbarflächen einwandern könnten [Heitefuss 2000]. Möglicherweise nützt Fruchtfolge nicht viel, wenn der Anbau von den Nachbarn in Monokultur betrieben wird ...
Die Änderung der Anbaufrucht unterbricht die Reproduktionszyklen der an bestimmte Kulturen angepassten Schädlinge, wobei sich am besten große Unterschiede der beteiligten Kulturen auswirken [Francis/ Clegg 1990].
Der Fruchtfolgeabstand soll nach Populationsbiologie, Überdauerungsfähigkeit, Schadensschwelle und Bekämpfung des Schaderregers bemessen werden [Heitefuss 2000].
Hafer ist besonders Nematoden-empfindlich, deshalb werden Anbaupausen von 4 – 6 Jahren empfohlen. Es gibt aber gegenüber dem Getreidezystenälchen (Heterodera avenae) resistente Hafer-, Sommergerste- und Sommerweizen-Sorten. [Zoschke 1992]
Auch Mais gilt als Feindpflanze des Getreidezystenälchens, das vornehmlich das Sommergetreide befällt [Krieg/ Franz 1989].
Weizen und Roggen hemmen, Hafer und Gerste fördern den Nematodenbefall; stark geschädigt wird aber nur der Hafer durch Nematoden [Heitefuss 2000].
Bei zu häufigem Kartoffel-Anbau kann es zu einer Nematoden-Verseuchung kommen [Zoschke 1992].
Gegen das Kartoffelzystenälchen wird eine Anbaupause von 3 – 4 Jahren empfohlen [Krieg/ Franz 1989].
Auch im Kartoffelanbau gibt es Nematoden-resistente Sorten als Feindpflanzen [Heitefuss 2000].
Gegen Rübenzysten-Nematoden sind auch Anbaupausen von Kreuzblütlern notwendig. Sowohl Rüben, als auch Ölraps und Cruciferen-Zwischenfrüchte sind Wirtspflanzen für die Rüben-Nematode. Es gibt aber bestimmte Senf- und Ölrettich-Sorten, die als Zwischenkulturen gegenüber diesen Nematoden resistent sind und sogar antagonistisch wirken und sie dezimieren. [Zoschke 1992]
Anstatt des Fruchtwechsels können auch Zwischenfrüchte den Nematodenbefall reduzieren.
Wurzelsekrete von Tagetes regen die Überdauerungsformen der Nematoden zum Schlüpfen an, die in dieser Gründüngungspflanze aber keine Nahrung finden [Krieg/ Franz 1989].
Allgemein führt Zwischenfruchtanbau zu einer Intensivierung des Bodenlebens und “Zunahme der Raum- und Sauerstoffkonkurrenten pflanzenschädlicher Nematoden” und einer “Zerstörung von Aktivierungs- und Lockstoffen, die die Nematoden benötigen” [Weischer 1992].
Fruchtwechsel zur Unkrautregulierung
Im alten Georgien hatte die Hirse eine dominante Stellung in der Fruchtfolge. Die wegen ihrer raschen Entwicklung spät ausgesäte Hirse half, das Unkraut zu unterdrücken. [Čitaja 1957]
H. Becker berichtet von einem flächenhaften Wechsel zwischen Sommer- und Wintergetreide zur Unkrautbekämpfung in der Zweizelgen-Wirtschaft. Diese in Westdeutschland weit verbreitete Zweifelderwirtschaft mit Wintergetreide war geeignet, das im Sommergetreide überhand nehmende "Nationalunkraut" Flughafer zu bekämpfen [Becker 1998].
Flughafer streut seine Samen vor der Ernte des Sommergetreides aus, während Wintergetreide früher reift als der Flughafer.
P. Niemann beklagt hingegen den Rückgang des Sommergetreide-Anbaus. Denn das Sommergetreide unterdrückt Unkraut besser als Wintergetreide. Doch auch Winterraps habe eine unkrautunterdrückende Wirkung. [Niemann 1992]
Unkräuter können durch den Wechsel von Winter- zu Sommerfrucht oder auch von einjähriger zu mehrjähriger Kultur kontrolliert werden [Francis/ Clegg 1990].
Bei manchen Arten ist auch die Nutzung pflanzlicher Allelopathie zur Unkrautbekämpfung möglich: Senf, besonders Schwarzer Senf soll eine Unkraut-unterdrückende Wirkung besitzen. [Fortmann 2000]
Un- oder Beikräuter müssen auch als Nebenwirte einiger Pathogene beachtet werden [Heitefuss 2000].
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