Einschränkungen dauerhaften Anbaus
Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit eines Fruchtwechsels ist die immense humanökologische Bedeutung des Getreides zu bedenken, das als Grundlage der Ernährung oft sogar die einzige Anbaufrucht war und folglich als Monokultur angebaut wurde.
Während bei den anderen Getreidearten mit der Zeit ein Ertragsabfall zu beobachten war, liegt die Bedeutung der Nassreiskultur gerade darin, dass hierbei permanent von denselben Flächen geerntet werden kann, denn mit dem Anstauwasser werden den Feldern auch Nährstoffe zugeführt.
Um das Problem des Nährstoffbedarfs zu vermindern, wären nach starkzehrenden Pflanzen genügsame Kulturen anzubauen. Doch lässt sich die allmähliche Verarmung des Standortes nicht allein auf diese Weise beheben.
Ein Fruchtwechsel ist aber auch angebracht, wenn zunehmende Ertragsverluste durch die Ausbreitung von Schädlingen und Unkraut in immer derselben Pflanzenkultur auftreten.
Auch kann ein bestimmtes Wuchsverhalten einer Nutzpflanzenart, besonders im Wurzelraum, ihren Austausch rechtfertigen.
Ein Ertragsabfall bei der Gerste ist besonders auf ärmeren Böden zu beobachten, Pathogene scheinen nicht die Ursache zu sein. Bei dauerndem Roggen-Anbau kommt es zur Ausbreitung von Unkrautarten und einer nur unvollständigen Erschließung der Nährstoffvorräte im Boden. [Zoschke 1992]
Dauernder Maisanbau soll jedoch angeblich keinen Ertragsabfall herbeiführen, doch sicher nur, wenn er stark gedüngt wird.
Beim dauernden Weizen-Anbau wird in Intervallen von 5 - 7 Jahren nach anfänglichem Ertragsabfall immer wieder ein Normalertrag erreicht, was wohl auf einen Zusammenbruch der Pathogenen-Populationen zurückzuführen ist, der paradoxerweise künstlich durch Fungizide nicht herbeizuführen ist. [Zoschke 1992]
Im europäischen Feldbau wurden anfänglich ausschließlich die monokotylen Getreidearten kultiviert, dikotyle Pflanzen nur im Gemüse-, Obst- und Weinbau.
Schädlinge und Krankheiten wurden vielleicht erst dann zu einem wirklichen Problem, als sich Kulturland flächendeckend ausbreitete und sich bestimmte Kulturen an bestimmten Orten verdichteten.
Insbesondere kann die Ausbreitung von Viren erst durch die Anbauverdichtung der betroffenen Kulturpflanzenarten oder -typen erfolgen.
Fruchtwechsel wegen Unverträglichkeit
In archaischen Epochen baute man hauptsächlich nur eine Sorte Getreide an.
Die extrem niedrigen Erträge des Mittelalters könnten auch auf eine entstehende Selbstunverträglichkeit des Weizens zurückzuführen sein.
Es gibt autotolerante und autointolerante Kulturpflanzen.
Als selbstverträglich gelten Ackerbohne, Baumwolle, Hanf, Kartoffel, Mais, Reis, Roggen, Sojabohne, Tabak. [Zoschke 1992]
Der selbstverträgliche Mais wird in der südwestdeutschen Rheinebene in Monokultur angebaut [Martin/ Sauerborn 2006].
Selbstunverträglich sind die Getreidearten Gerste, Hafer und Weizen, außerdem Erbsen, Raps, Zuckerrübe und die Obstgehölze [Zoschke 1992].
Auch die Allotoleranz bzw. -intoleranz [Zoschke 1992] der Kulturpflanzen, also ihre Verträglichkeit gegenüber den anderen Fruchtfolgearten, ist zu beachten, für die es im Allgemeinen ganz profane Gründe gibt.
Das wären bei den Vorfrüchten in erster Linie Nährstoffbedarf und Wirkung auf den Boden, außerdem auch ihre nahe Verwandtschaft mit der Folgefrucht, die die Anfälligkeit für dieselben Schädlinge und Krankheiten erhöht.
Eine auffallend günstige Vorfruchtwirkung sollen Kartoffeln und Silomais haben [Zoschke 1992].
Fruchtfolgen zur Nutzungsintensivierung
Der Hauptnutzen der Auswahl geeigneter Fruchtfolgen ist, dass das Land möglichst viele Ernten erbringt, der Ackernutzungsgrad also mindestens 100 % oder sogar mehr beträgt [Andreae 1985].
Wunderdinge wurden aus der regenreichen Kolchis berichtet: "Zuerst wurde Hirse gesät, dann Gerste, darauf Mais und im vierten Jahr Weizen. War der Boden noch ergiebig, wurde dann noch einmal Mais und nochmal Weizen angebaut. Nach der Ernte der Gerste oder des Winterweizens säte man auf demselben Abschnitt noch einmal Mais, der überall noch ausreifte." [Čitaja 1957]
Mehrere Ernten durch permanente Kultivierung sind natürlich in Zonen mit einer langanhaltenden kalten Jahreszeit nicht möglich. Hier hat erst der wechselnde Anbau von Wintergetreide und Sommerfrucht in der Dreifelderwirtschaft eine intensivere Nutzung der Flächen ermöglicht.
In anderen Klimazonen verhindert eine Trockenzeit, die überbrückt werden muss, den Anbau.
In wärmeren Klimazonen kann nach der Baumwollkultur, die auch eine Trockenzeit übersteht, noch Gemüse oder Futter angebaut werden, oder nach dem Wintergetreide der Mais.
Wo sowohl Wärmeangebot als auch Wasserversorgung ständig sichergestellt sind, wie in den feuchten Subtropen Ostasiens, kann mit drei Ernten ein Ackernutzungsgrad von 300 % erreicht werden. [Andreae 1985]
Geschichte des Fruchtwechsels
Für den Getreideanbau wurde wohl ursprünglich Grasland in höchstens zweijährigem Umtrieb genutzt. Die alte Dreifelder-Wirtschaft wurde vom 8. bis zum 18. Jahrhundert betrieben. [Zoschke 1992]
Sie sei erstmals aus der Zeit Karls des Großen nachgewiesen, und nicht schon bei den Römern [Herrman 1985].
Mit dem Wechsel von Winter- zu Sommergetreide wurde der genutzte Flächenanteil gegenüber der Zweifelderwirtschaft vergrößert. Ein nasser Herbst habe aber oft den Anbau der Winterfrucht vereitelt. [Fuhrmann 2017 - Frühmittelalter]
Als Wintergetreide dienten ursprünglich Weizen und zunehmend Roggen, als Sommergetreide Gerste, Hafer, Hirse.
Seit dem Spätmittelalter wurde durch Leguminosen eine weitere Anbau-Differenzierung der Besömmerung erreicht. Damals war allerdings der Anbau der wärmeliebenden Sommerkulturen durch die Klimaverschlechterung im 14. Jh. allgemein erschwert. [Fuhrmann 2017 - Spätmittelalter]
Die Entstehung von Dorfsiedlungen im Mittelalter hat auch zur Organisation der Flächennutzung geführt durch Festlegung
- von Gewannfluren mit Flurzwang (der vorgegebenen Fruchtfolge),
- einer Allmende zur gemeinsamen extensiven Nutzung.
Das war verbunden mit der Organisation von Baumaßnahmen zur Erstellung einer Infrastruktur und sogar einer "niederen Gerichtsbarkeit" [Fuhrmann 2017 - Hochmittelalter]. Damit wäre die früheste Selbstorganisation in Gemeinden schon mit einer Landschaftsplanung verbunden gewesen.
Der Flurzwang hatte den Zweck, dass nicht die bestellten Felder von Mensch oder Tier betreten wurden, sondern nur die Brachen.
Die Dreifelderwirtschaft hatte also nicht nur eine feste Abfolge im ‘Flurzwang’, sie musste außerdem von benachbarten Ackerstücken und Bauern gleichzeitig umgesetzt werden [Herrman 1985].
1. Brachefeld: Die Brache als gemeinschaftliche Weidefläche sollte bis St. Johannis (24.6.) erhalten bleiben. Das Brachefeld wurde Ende Juni aufgebrochen und vor der Aussaat im Herbst noch einmal.
2. Winterfeld: Die Wintersaat hatte bis St. Martin (11.11.) zu erfolgen. Ernte im Juli - August des Folgejahres.
3. Sommerfeld: Bodenbearbeitung im April des dritten Jahres, die Sommersaat hatte bis St. Walpurgis (1.5.) zu erfolgen. Ernte im August.
[Herrman 1985]
Diese Angaben mit einer für heutige Verhältnisse späten Aussaat könnten mit den Schwierigkeiten der Bodenbearbeitung mit einfachen Mitteln zusammenhängen.
Die Eifel war der Wirkungskreis ärmster Kleinbauern.
Die starke Zerstückelung der Anbauflächen "und ihre Wegelosigkeit" ließ den Flurzwang als notwendig erscheinen.
Durch die Armut der Böden und die späte Einführung von Kunstdüngern erhielt sich die einfache Dreifelderwirtschaft mit Brachejahren bis in die jüngste Vergangenheit. [Schwind 1984]
Der ‘Flurzwang’ war eine dörfliche Konsensentscheidung. Auf diese Weise wurde auch die lokale “Beibehaltung althergebrachter Selbstversorgungs-Früchte” wie Grünkern, Buchweizen, Menggetreide erreicht. [Born 1989]
Wo wegen des Fruchtwechsels das Flächeneigentum ebenso wie die Dorfflur in kleinflächige Parzellierungen aufgeteilt worden wäre, hätte dies praktisch wie eine Mischkultur gewirkt.
Tatsächlich waren die Gewannfluren wegen des Flurzwanges aber ziemlich gleichförmig, was natürlich für Schädlinge und Krankheiten eine fördernde Wirkung gehabt haben muss.
Die Entwicklung hin zu größeren, in Eigenverantwortung genutzten Anbauflächen ohne Flurzwang, aber mit Fruchtwechsel hatte handfeste wirtschaftliche Gründe.
Der hohe Bevölkerungsdruck im England des 17./ 18. Jahrhunderts zwang zu einer "Steigerung der Agrarproduktion" durch weitere Anbau-Differenzierungen. Für Düngemittel wurden hohe Preise gezahlt. [Herrman 1985]
In dem vier- bis sechsfeldrigen, so genannten ‘Norfolker Fruchtwechsel’ des Viscount Townsend (Klee - Weizen - Rüben - Gerste) konnten dank der Einfügung von bodenverbessernden Futterleguminosen zusätzliche Marktfrüchte angebaut werden.
In Deutschland entstand im 18. Jh. eine bürgerliche Gegenbewegung gegen die Adelsrechte, die große Flächen ungenutzt ließen oder der Schaftrift vorbehielten.
Andererseits wurde um 1800 auf 61 % der Ackerflächen Getreide angebaut, überwiegend die anspruchslosen Arten, nur auf 14 % Futterpflanzen und Handelsgewächse, der Rest (25 %) diente als Brache. [Herrman 1985]
Von großer, oft unterschätzter Bedeutung war für die Entwicklung des Fruchtwechsels natürlich die Einführung neuer Nutzpflanzen (Luzerne), neuer Nahrungspflanzen aus Amerika (Kartoffel und Sonnenblume) und neuer Kultivare (Zuckerrübe).
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