Der Ölbaum - Fett der Erde

Olea europaea


Während in vielen europäischen Sprachen der Name des Ölbaums offenbar auf das griechische Wort 'elaía' zurückgeht [Wiktionary], ist der hebräisch-arabische Wortstamm 'sait' [Düll 2003] und lauten die Bezeichnungen für den Ölbaum hebräisch 'zayit' und arabisch 'zaitun'.


Artenbeschreibung
Natürliche Verbreitung und Ausbreitung der Kultur
Nutzung
Autökologie und Kulturbedingungen
Die Kultur der Olivenbäume
Das Öl
Speiseoliven
Vermehrung der Olivenbäume
Quellenangaben



Artenbeschreibung


Im gesamten Mittelmeerbecken soll eine Wildform 'sylvestris' (früher 'oleaster') des überall angebauten Ölbaums vorkommen, die mit den kultivierten Bäumen fertil ist [Zohary/ Hopf 1988].

Die Wildform wächst eher strauchförmig. Ihre vierkantigen, sparrig abstehenden Äste tragen runde, kleine Blätter und sind oft bedornt.- Manche Autoren hielten sie für eine eigene Art.


Die Kulturpflanze zeichnet sich durch ihre rundlichen, unbedornten Zweige, schmal-lanzettlichen Blätter und natürlich ihre größeren, ölreichen Früchte aus.

Auffallend ist der stärkere Wuchs der Kulturform, der aber vielleicht auf die verbesserten Kulturbedingungen zurückzuführen ist - Bedingungen, die bei generationenlanger ungeschlechtlicher Vermehrung auch Mutationen hervorgebracht haben können.


Solitär

Aregno, Korsika. © STH, 8.6.2016.


Der kultivierte Ölbaum ist ein xeromorpher immergrüner Baum (bis 15 m hoch) mit auffällig knorrigem Stamm.

Seine Wuchsstrategie bleibt jedoch eine Förderung der basalen Triebe gegenüber den apikalen [Roselli 2006] als Anpassung an die Dürrerisiken.

Auch die Krone zeichnet sich durch Breitenwuchs statt Spitzenwuchs aus [Düll 2003] - dadurch wird die Beschattung des Wurzelbereichs und ein Verdunstungsschutz erreicht.


Die Versorgung der Bäume mit Wasser soll Einfluss auf Holzstruktur und Borkenbildung haben. Bei Bewässerung erzeugen sie ein helles, lockeres Holz, bei Trockenheit dunkles, hartes Holz mit dicker Borke [Roselli 2006].


Der Ölbaum hat eine graue, hell abstrahlende Rinde. Die Borke an älteren Ästen und dem oberen Stammbereich ist schuppig-streifig zerfurcht.

Der untere Stammbereich ist knorrig mit auffälligen Aussparungen (Löchern) infolge paralleler Wuchsstränge und ehemaliger Verzweigungen.


Von besonderer Bedeutung ist das ausschlagfähige Gewebe der Stammbasis. Seine vegetative Vermehrungsfähigkeit stellt eine besondere Überlebensstrategie dar, die auch den traditionellen Nutznießern des Ölbaums zugute kam.

Die hier entstehenden Schößlinge sollen mit der Zeit auch den relativ schwachen Stamm ersetzen, indem sie durch Dickenwachstum miteinander verwachsen und selber Stammstrukturen bilden [Düll 2003].

Am Stammgrund bilden sich Auswüchse, die 'Ovuli' genannt werden, die Schößlinge und Wurzeln treiben. Sie werden teilweise durch Verletzung oder Schnitt hervorgerufen. [Roselli 2006]


Der Olivenbaum ist zu einer guten und raschen Bewurzelung bis in eine Tiefe von 5 m fähig [Rebour 1971].
Er entwickelt allerdings ein eigenartiges Wurzelwachstum: nur in der Jugendphase entwickelt sich eine Pfahlwurzel, in wenigen Jahren entsteht jedoch ein System aus Lateralwurzeln, die auch der Stammbasis entspringen. Der Wurzelteller erreicht dadurch den 2 - 3-fachen Durchmesser der Krone. Die Wurzeln leben außerdem in Symbiose mit VA-Mykorrhiza. [Roselli 2006]

Auch eine vegetative Ausbreitung und Vermehrung durch Wurzelsprosse soll vorkommen [Düll 2003].


Die Zweige bilden winterliche Knopsen ohne Schuppen.

Die gegenständigen, lederigen, schmal-lanzettlichen Blätter der Kulturform sind zwar ganzjährig vorhanden, aber relativ kurzlebig.
Sie haben eine Lebensdauer von wenig mehr als einem Jahr; ihre Abstoßung findet im April-Mai vor der Blüte statt [Roselli 2006]

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Die schuppenartigen Sternhaare auf der Blattunterseite reduzieren Transpiration und Erhitzung.
Die Oliven-Blätter haben die höchste Dichte an Spaltöffnungen im Pflanzenreich [Düll 2003].


Ölbäume sind windblütig und selbststeril.

Die Blütezeit ist im Mai und Juni.

Die Blütendifferenzierung soll ungefähr 10 Wochen vor dem Aufblühen beginnen [Rebour 1971].


Blütenzweig

Corbara, Korsika. © STH, 24.5.2016.


Die Blütenstände erscheinen in den Blattachseln der vorjährigen Triebe. Es sind traubenartige Nebentriebe, die allerdings weitere Nebentriebe ansetzen, also handelt es sich eigentlich um Rispen.


Die Einzelblüten bestehen aus vierzähligen verwachsenen Blütenblattkreisen, die aber nur einen zweifächeriger Fruchtknoten enthalten [Roselli 2006].


Solitär

Corbara, Korsika. © STH, 26.5.2016.


Der weiße Kronblattkreis (Corolla) ist kurzröhrig mit vier ovalen Lappen. Der Kelch ist stark reduziert. Die Staubblätter sind kurzgestielt und wohl überwiegend auf zwei reduziert.


Aus dem zweifächerigen Fruchtknoten mit je zwei Samenanlagen entwickeln sich durch Reduktion einsamige Steinfrüchte [Düll 2003]. Der Fruchtansatz erfolgt 10 - 15 Tage nach der Blüte. Die Samen in den Fruchtkernen enthalten stärkehaltiges Endosperm [Roselli 2006].


Die typische Steinfrucht zeichnet sich durch ihr ölhaltiges Mesokarp aus. Das Exokarp bildet grüne, rötliche oder schwarze Farbstoffe. [Rebour 1971]

Die Ölbildung erfolgt ab August in den Parenchymzellen des Fruchtfleischs (Mesokarp) [Roselli 2006].



Natürliche Verbreitung und Ausbreitung der Kultur


Die Gattung Olea hat ein erstaunlich großes Verbreitungsgebiet in der Alten Welt und sogar auf dem australischen Kontinent und in Ozeanien.

Dabei bildet das südliche Afrika ihr Diversitätszentrum. In den Gebirgen der inneren Sahara ist Olea laperrinii verbreitet; in Afghanistan und Südasien kommen weitere Arten vor. Es gibt keine Überschneidungen dieser Artenareale mit Olea europaea. [Zohary/ Hopf 1988]


Der Ölbaum ist das Wahrzeichen der Mittelmeerländer und die geobotanische Leit- und Charakterpflanze der mediterranen Tiefländer. Uralte Olivenbäume ersetzen die verschwundenen Wälder. [Rikli 1943]


Zuweilen wird angedeutet, dass der Ölbaum ursprünglich in Asien oder nur im östlichen Mittelmeerraum beheimatet war - trotzdem ist er als Olea europaea bezeichnet worden.

In Zohary/ Hopf 1988 wird ebenfalls von einem mittelmeerischen Verbreitungsgebiet der Wildpflanze bis Südportugal ausgegangen, das sogar einen Schwerpunkt in den Küstengebieten des Maghreb hat. Andererseits soll die Wildpflanze auch nur in den südlichen und sommertrockenen Teilen der Mittelmeerküsten vorkommen, also auf Sardinien, aber nicht auf Korsika, - in der Ägäis, aber nicht im klimatisch raueren Adriagebiet.

In Westasien ist der wilde Ölbaum nur in relativ kleinen Gebieten in Küstennähe verbreitet. An der türkischen Südküste und an der Levante-Küste im Küsten-Tiefland sowie im mittleren Bergland, im Süden von Galiläa bis Judäa [Zohary 1983].


Blütenzweig

Corbara, Korsika. © STH, 24.5.2016.


Zweifellos wurden in der Frühgeschichte zunächst die Wildfrüchte gesammelt.
Bei archäologischen Untersuchungen lassen sich die Kerne der wilden von denen der kultivierten Ölbäume nicht unterscheiden.
Funde von Olivenkernen am Toten Meer aus dem 4. Jt.v.Chr. (Teleilat Ghassul) lassen auf eine Bewässerungskultivierung schließen, weil das Trockengebiet am untern Jordan außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Olive liegt. [Zohary/ Hopf 1988]

Nachweise der Kultur soll es in Ägypten und auf Santorin schon aus der Zeit vor 2000 v.Chr. geben [Düll 2003].

Die Inkulturnahme soll durch die minoisch-mykenische Zivilisation weitergeführt worden sein [Wagner 2001]. Olivenöl wurde das Zahlungsmittel der Griechen. Die Verbreitung der Ölbaumkultur im ganzen Mittelmeerraum kann auch durch die Phönizier erfolgt sein.

Zur Zeit des römischen Imperiums wurden Olivenkulturen auch in den aridesten Grenzräumen angelegt [Heichelheim 1956].


Im Mittelalter war die Anlage von Olivengärten im Gegensatz zur Unterhaltung eines Weingartens eher eine Beschäftigung für die Wohlhabenden, weil die Olivenkultur größere Flächen, eine längere Entwicklungszeit und eine Ummauerung zum Schutz gegen die Viehherden benötigte [Imberciadori 1980].



Nutzung


Bis zu 80 % des Öls sind ungesättigte Fettsäuren, insbes. Oleinsäure [Roselli 2006].

Das lange lagerfähige Öl wurde schon im Altertum zu einem wichtigen Handelsartikel, war aber auch zur Konservierung von immenser Bedeutung.


Die Ölbaumkultur war in Trockenregionen "oft der einzig mögliche Erwerbszweig" [Rebour 1971] und wurde daher wohl das Grundmuster einer großflächigen Monokultur.

Die Genügsamkeit des Ölbaums selbst in Trockengebieten machte ihn zu einem grundlegenden Subsistenzmittel. Er war auch wichtig als Schattenbaum, unter dessen Kronen auch empfindlichere Kulturen angebaut werden konnten. Die ausgeholzten älteren Äste dienten als willkommenes Brennmaterial.


Unter den zahllosen Rassen und Sorten sind zunächst die beiden Gruppen der ölreichen Sorten mit 20 - 30 % Ölgehalt und der großfruchtigen Sorten zum Frischverzehr zu unterscheiden [Zohary/ Hopf 1988].

Möglicherweise ist aber die Konservierung von Speiseoliven durch Einlegen eine relativ neue Entwicklung. Aber schon in der Antike gehörten auch die Olivenfrüchte zur täglichen Nahrung.
In den 60er Jahren bei noch relativ geringer Weltbevölkerung schien der Ölmarkt übersättigt; deshalb wurde die Ausweitung der Olivenkonservierung und Vermarktung von Speiseoliven empfohlen [Rebour 1971].

Doch schon bald war wegen der großen Nachfrage überall auch eine stark steigende Olivenöl-Produktion zu beobachten: über 100 % Steigerung seit den Sechzigern bis zur Jahrtausendwende in Marokko, Tunesien und Griechenland und fast 50 % Steigerung in Spanien und Italien [Wagner 2001].


Blütezeit

Corbara, Korsika. © STH, 26.5.2016.