Zum Anfang!Vermehrung der Olivenbäume
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Einen Olivenbaum in seinem Garten zu haben, ist gerade wegen seiner Genügsamkeit und wegen seiner bizarren Wuchsformen keine schlechte Idee. Im Winter 2009 gab es an der Côte du Var gerade eine Gartencenter-Aktion mit Plakaten, dass 100 Jahre alte Ölbäume à 500,- Euro zu haben seien.
Gartencenter bei Ste. Maxime. © STH, 31.1.2009.
Die archaischste Methode der Vermehrung war zweifellos das Teilen des Wurzelstocks gut tragender Bäume.
Eine besondere Bedeutung für die vegetative Vermehrung haben die 'ovuli' am Stammgrund, die herausgeschnitten werden und sich leicht bewurzeln [Zohary/ Hopf 1988].
Man kann nahezu von allen Ästen und Zweigen Steckmaterial gewinnen. Dünne Steckhölzer werden vertikal gesteckt. Ab 4 cm dicke und 30 cm lange Steckhölzer werden horizontal in Bodenfurchen gelegt. [Rebour 1971]
Auch größere 'souchets', "knorrige Holzteile aus dem Stamm oder dem Wurzelhals" werden horizontal in Pflanzgruben in mind. 50 cm Tiefe ausgelegt. Bis zu fünf solcher 500 g bis 5 kg schweren 'souchets' sollen den Bäumen ohne Schaden entnommen werden können.
Große Stockteile sind besonders geeignet für Trockengebiete und werden direkt an den Wuchsort gesetzt, vorher aber in einen Ton-Brei getaucht.
Diese Stöcke treiben mehrere Stämme aus, deren Entwicklung abgewartet wird, bevor die schwächeren entfernt werden.
[Rebour 1971]
Vincent van Gogh malte in seinen letzten Lebensjahren viele Olivenbäume. Auffallend ist an diesen Bäumen, dass sie fast immer mit einem kantigen Wurzelstock abgebildet sind, aus dem ein dünnerer Stamm herauswächst.
Ich frage mich, ob dies auf die traditionelle Vermehrung durch Teilung alter Stöcke oder mit Hilfe der von Henri Rebour beschriebenen 'souchets' zurückzuführen ist. Auch das horizontale Auslegen dicker Steckhölzer könnte vielleicht mit den Jahren und nach Entfernen konkurrierender Triebe solche Wurzelstöcke hervorbringen.
© Vincent Van Gogh, Saint-Rémy-de-Provence, Dezember 1889. Public Domain (Wikimedia Commons).
Eine Aussaat sollte nach 12 h Wässerung vorgenommen werden. Dennoch erfolgt die Auskeimung mit schwankendem Erfolg und bei den meisten Kernen erst im zweiten Jahr. [Roselli 2006]
Die Samenkerne müssen trocken gelagert werden. Rebour 1971 empfiehlt hingegen eine Stratifizierung, die die Keimfähigkeit enorm vergrößere.
Normalerweise ist die Samenvermehrung also eher schwierig.
Doch manche Sorten, darunter so wichtige wie 'Arbequine' aus Spanien, 'Frantoio' und 'Maraiolo' aus Italien sollen sich leicht durch Samen vermehren lassen. Hier werden die einjährigen Wildlinge aber wohl nach dem Verpflanzen im nachfolgenden Frühjahr "durch Rindenpfropfung" mit besonders ertragreichen Klonen veredelt. [Rebour 1971]
Die Samenvermehrung bringt zumeist nur Pflanzen vom Wildtyp hervor; die wenigen Sämlinge mit wünschenswerten Eigenschaften werden zu Züchtungszwecken durch ein 'screening' selektiert [Zohary/ Hopf 1988].
Wildpflanzen und Wildlingspflanzen wurden zur Gewinnung von Unterlagen, auch mit Hilfe von Schößlingen oder 'ovuli', verwendet, teilweise aber auch 'in situ' veredelt [Zohary/ Hopf 1988].
G.A. Buchheister: Handbuch der Drogisten-Praxis; 16.Aufl.. Berlin, 1938.
M. Rikli: Das Pflanzenkleid der Mittelmeerländer. Bern, 1943.
Fritz M. Heichelheim: Effects of Classical Antiquity on the Land (in: W.L. Thomas (ed.): Man's Role in Changing the Face of the Earth. Chicago, 1956.)
Henri Rebour: Olive (in: P. von Blanckenburg/ H.-D. Cremer (Hg.): Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern; Bd.2. Stuttgart, 1971.)
Ildebrando Imberciadori: Italien - Die Landwirtschaft vom 11. bis 14. Jahrhundert (in: J.A. van Houtte (Hg.): Europ. Wirts.- u. Sozialgeschichte im Mittelalter. Stuttgart, 1980.)
Michael Zohary: Pflanzen der Bibel - Vollständiges Handbuch. Stuttgart, 1983.
Klaus Rother: Mediterrane Subtropen. Braunschweig, 1984.
Daniel Zohary/ Maria Hopf: Domestication of Plants in the Old World (The origin and spread of cultivated plants in West Asia, Europe, and the Nile Valley). Oxford/ New York, 1988.
Horst-Günter Wagner: Mittelmeerraum (Wissenschaftliche Länderkunden). Darmstadt, 2001.
Ruprecht + Irene Düll: Geheimnisse der Mittelmeerflora. Bad Münstereifel, 2003.
Giancarlo Roselli: Olea europaea (in: Schütt et al.: Enzyklopädie der Laubbäume. Sonderausgabe Hamburg, 2006.)