Neue Techniken der Bodenbearbeitung


Bodenbearbeitung dient der Schaffung einer bestimmten Bodenqualität, um das Pflanzenwachstum anzuregen.

Ein 'garer Acker' sei krümelig und erzeuge beim Pflügen keine Schollen mehr [Bünder et al. 1987].

Andererseits scheint es eine gesicherte Tatsache zu sein, dass die positivste Wirkung auf den Boden von den Pflanzen selbst, ihrem Wurzelwachstum und ihrem Stoffkreislauf, ausgeht.

Die im Wurzelraum unter Beteiligung von Mikroorganismen geschaffene Bodenstruktur wird durch moderne wendende Pflugarbeit massiv gestört.

Die konservierende Bodenbearbeitung mit nicht wendenden Geräten soll dagegen die Struktur der Bodenschichten "konservieren" [Martin/ Sauerborn 2006].


Nach KTBL [in: DLG 2008] werden bei Bodenbearbeitung und Bestellung mit den drei Arbeitsschritten Grundbodenbearbeitung, Saatbettbereitung und Saat vier verschiedene Intensitätsstufen unterschieden, wobei insbesondere die Grundbodenbearbeitung die Verfahrensintensität bestimmt.

Ein interessanter Optimierungs-Faktor wäre die mögliche Kombination der drei Arbeitsschritte mit entsprechender Technik in einem Arbeitsgang.

Als die vier Intensitätsstufen der Bodenbearbeitung werden angegeben [H.-H. Voßhenrich/ J. Brunotte in: DLG 2008]:

  1. Bodenbearbeitung mit Pflug
  2. Konservierende Bodenbearbeitung mit nicht wendender Lockerung
  3. Konservierende Bodenbearbeitung ganz ohne Grundbodenbearbeitung
  4. Direktsaat


Die Bodenbearbeitung mit Pflug gilt als sinnvoll bei vorherrschender Bodenfeuchte und daraus entstehendem Sauerstoffmangel.

Zur Erhöhung des Ertrages wurde in der frühen Neuzeit recht häufig gepflügt, nämlich mehrmals vor der Aussaat und nach der Ernte [Braudel 1972].


Konservierende Bodenbearbeitung bzw. 'Conservation Agriculture (CA)' gilt als anerkannte neue Agrartechnik, durch welche das Ertragsniveau stabilisiert wird mit einer langfristigen Tendenz zu weiter steigenden Erträgen, während der Produktionsmittelaufwand spätestens nach der Umstellungsphase sinke [Friedrich et al. 2008].

Schon in den ausgehenden 80er Jahren wurden statt des Pfluges auf 40 % der Anbauflächen der USA neue, stark reduzierte Bearbeitungstechniken angewendet [Brady 1990].
Den ersten Anlass dazu gab, dass die Treibstoffkosten höher wurden und für mehrfaches Befahren großer Flächen zu teuer.


In Europa wird die konservierende Bodenbearbeitung häufiger praktiziert (auf rund 15 % der Anbauflächen) als die Direktsaat oder Minimalbodenbearbeitung (auf 1 %, in Griechenland auf 7,4 % der Anbauflächen) [FAO 2003 in: Friedrich et al. 2008].

Die größten Flächenanteile mit Pflugbearbeitung (60 - 70 %) findet man im NW Deutschlands (NRW, Niedersachsen, Schl.-Holstein) mit hohen Niederschlägen.
Hohe Flächenanteile der Direktsaat findet man dagegen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern (> 15 % der Anbauflächen), wo sich gleichzeitig auch die konventionelle Pflugbearbeitung auf großen Flächen behauptet. [Friedrich et al. 2008]


Der Hurrikan Mitch hatte mit schweren und anhaltenden Niederschlägen wichtige Ackerbaugebiete im NW Nicaraguas (bei Chinandenga und León) zerstört; durch Beratung und technische Hilfe der FAO erfolgte hier die Umstellung auf 'Conservation Agriculture (CA)' [Friedrich et al. 2008].



In der oben aufgeführten KTBL-Aufstellung fehlt die mechanische Beikrautregulierung völlig.

Heute wird im landwirtschaftlichen Pflanzenbau Herbiziden anstelle der mechanischen Bekämpfung der Vorzug gegeben.

Man hörte als verzweifelte Rechtfertigung dieses Dogmas, die seltenere Befahrung und Bodenbearbeitung habe nur Vorteile für die Bodenstruktur. Aber auch die Herbizide müssen mehrmals ausgebracht werden und das mit schwerem Gerät (Spritzmitteltank).

Und bei Hanglagen, bindigen Böden und Nässe sei der Geräteeinsatz nur eingeschränkt möglich [Niemann 1992]. Aber auch Herbizide sind in Hanglagen mit dem üblichen Equipement kaum zu applizieren, sind auf manchen Böden wenig wirksam und werden vom Regen weggespült.

Der großindustrielle 'agribusiness' kann sich allerdings zugutehalten, kein solches Problem zu haben, da in der Branche die Agrochemikalien vom Flugzeug ausgebracht werden. Lediglich Art und Menge der Gifte und ihre Abdrift werden beispielsweise in Südamerika zu einem humanökologischen Problem.


Es ist anzunehmen, dass der Kostenfaktor des Arbeits- oder Maschineneinsatzes bei der mechanischen Unkrautbekämpfung ausschlaggebend für den notorischen Herbizid-Einsatz ist.

Weil in der Landwirtschaft zu Recht mehr und mehr auf reduzierte Bodenbearbeitung gesetzt wird [Regnier/ Janke 1990], wird aber auch die Suche nach Alternativen zum Herbizideinsatz immer wichtiger.

Die erhöhten Mengen organischer Bestandsabfälle oder Mulchmaterialien bei der reduzierten Bodenbearbeitung binden die applizierten Herbizide wie ein Schwamm, so dass die erforderliche Verbrauchsmenge an Giften stark ansteigt [Regnier/ Janke 1990].
Bei Herbizideinsatz würde die 'Konservierende Bodenbearbeitung' langfristig also zu einer Vergiftung des Bodens und des Ökosystems führen.

Es scheint daher nur angebracht, sich lieber auf die traditionellen Methoden des Wildkrautmanagements zu besinnen - der Bearbeitung überschaubarer Flächen und dem häufigen Wechsel der angebauten Kulturen.

Für die konservierenden Techniken der Bodenbearbeitung spricht der Nachteil der mechanischen Unkrautbekämpfung - das hohe Risiko der Erosion durch "Pulverisierung" der Bodenoberfläche und Entfernen der organischen Auflage. Ohnehin können organische Stoffe und Lebendmulch gezielt gegen Unkraut eingesetzt werden, so dass sich eine Herbizidanwendung weitgehend erübrigt.

Auch gibt es für erosionsanfällige Standorte Kulturen, die keinesfalls sehr unkrautanfällig sind. Das gilt sogar für die weitständige Baumwolle: hier verlängert sich die Periode der Unkrautbekämpfung zwar deutlich, diese Kultur ist aber so robust, dass der Unkrautbesatz eigentlich keinen so großen Einfluss auf den Ertrag hat [Regnier/ Janke 1990].



Der Anbau ohne konventionelle Bodenbearbeitung spart zwar große Mengen Kraftstoff ein und reduziert auch den Arbeitsaufwand; in der praktischen Ausführung wird er jedoch oft verknüpft mit dem Einsatz von Totalherbiziden! [Sommer 1992]
Diese Art Bodenbau ist auch nicht permanent durchführbar ohne eine periodisch erfolgende Bodenlockerung.


Konservierende Bodenbearbeitung soll die Erosion verhindern, sodass bei Zufuhr ausreichender organischer Substanz sogar eine Bodenneubildung erfolgen kann [Friedrich et al. 2008].
Reduzierte Bodenbearbeitung soll auch einen Beitrag zur Vergrößerung des organischen Anteils im Boden und damit zur Verbesserung des Wasserhaushaltes leisten.

Neben der strukturellen Bodenverbesserung wirkt sie auch positiv auf das Bodenleben: Die Zersetzer-Fauna und -Flora des Bodens wird gefördert und soll sich von einem bakteriellen zu einem pilzlichen Nahrungsnetz verschieben; es soll sich auch ein günstigeres Verhältnis von prädatorischen Nützlingen zu den herbivoren Schädlingen entwickeln [Stinner/ Blair 1990].

Allerdings werden diese Vorteile durch den in 'non-tillage'-Systemen präferierten Herbizid-Einsatz wieder zunichte gemacht. Eine Methode zur Bekämpfung von konkurrierenden Beikräutern ist die vorherige oder nachträgliche Einsaat eines Lebendmulches von Leguminosen-Arten in die Kulturen. [Stinner/ Blair 1990]


Die reduzierte Bodenbearbeitung führt bei verringerter Durchlüftung auch zu niedrigeren Bodentemperaturen und dadurch zu einer verzögerten Mineralisierungsrate besonders von Stickstoff.
Bei reduzierter Bodenbearbeitung sollen die Böden für 25 - 50 Jahre CO2 und organischen Kohlenstoff binden können (0,5 - 5 t/ha/a). [Friedrich et al. 2008]


Eine Konservierende Bodenbearbeitung ganz ohne Grundbodenbearbeitung ist insbesondere sinnvoll bei Bodentrockenheit, damit keine Evaporation erfolgt; dabei werden Saatbettbereitung und Saat in der Regel kombiniert [H.-H. Voßhenrich/ J. Brunotte in: DLG 2008].



Die Direktsaat kann als Minimalbodenbearbeitung per definitionem bezeichnet werden.

Direktsaat vermindert Bodenverdichtung, Humusverluste, Erosion, Arbeits- und Maschinenkosten am wirkungsvollsten [Martin/ Sauerborn 2006].

Sie wird andererseits überwiegend mit Hilfe von Großtechnologie und Agrarchemie zur Inkulturnahme agrargeografisch peripherer und agrarökologisch labiler Räume missbraucht.

Minimalbodenbearbeitung scheint die am besten geeignete Methode zur Flächenbewirtschaftung in ariden Gebieten zu sein; sie eröffnet sogar die produktionssteigernde Option, die sonst üblichen Brachejahre zur Auffüllung der Bodenfeuchte auszulassen.


Allerdings wird hier Unkraut nicht mehr durch Bodenbearbeitung in mehreren Durchgängen bekämpft, und es wird statt dessen die Anwendung und Produktion von Totalherbiziden propagiert.

In der konventionellen Bodenbearbeitung werden Herbizide, die ziemlich lange persistent bleiben, in den Boden eingearbeitet; soche Bodenherbizide dürfen bei Minimalbodenbearbeitung nicht zum Einsatz kommen. Die Kombination der Direktsaat mit der Einbringung von Depotdüngern in den Boden ist natürlich möglich. [Friedrich et al. 2008]


Offensichtlich ist die Minimalbodenbearbeitung wegen der hohen Anschaffungskosten des Maschinenparks nur auf großen Flächen wirtschaftlich [Yelto Zimmer/ Klaus Nehring in: DLG 2008]. Der hohe Anteil der Fixkosten (Abschreibung und Reparatur) bei extensiver Bewirtschaftung bedeutet eine gewisse Abhängigkeit von stabilen Abnahmepreisen bzw. -strukturen.

Die in DLG 2008 beschriebenen Beispielsbetriebe sind fast ausschließlich für die industrielle Rohstoffproduktion auf großen Flächen (bis zu mehreren 10000 Hektaren) konzipiert.
Man könnte argwöhnen, der Getreideanbau dient hier dem findigen Ökonomen nur als Alibi, um den Schritt zur Erzeugung von Biosprit unmittelbar folgen zu lassen.

Vor allem sollte man nicht vergessen, dass die angeblich umweltfreundliche 'no tillage' - Produktion oft von Oligarchen und Großinvestoren auf frisch gerodeten Ländereien durchgesetzt wird und in jedem Fall eine erhebliche Degradation des Landes darstellt - allein schon wegen der Größe der bearbeiteten Flächen.


Die Direktsaat wird in den USA auf der weltweit größten Fläche (25 Mio. ha) eines Landes praktiziert, erfolgt hier aber offenbar nicht in kontinuierlicher Folge. In Lateinamerika wird sie hingegen vorwiegend permanent und auf einem weit größeren Flächenanteil betrieben, insgesamt auf etwa 45 Mio. ha; in Brasilien und Argentinien erreicht der Anteil mit Direktsaat 60 % der Anbauflächen. [Friedrich et al. 2008]


In DLG 2008 wird folgendes Beispiel (unter mehreren) des Direktsaatverfahrens aus Brasilien beschrieben [Yelto Zimmer/ Klaus Nehring in: DLG 2008]:

Im Mato Grosso herrschen ganzjährig gleichbleibend hohe Temperaturen; der Winter von Juni bis August ist arid, hohe Niederschläge fallen von Oktober bis April (insges. 1300 mm).

Hauptfrucht war Soja (Ertrag 2,9 t) auf mehr als 75 % der Schläge, Zweitfrucht Mais mit einem Ertrag von 4,5 t/ha; offenbar sind 2 Ernten möglich.

'no tillage'-Kultur beinhaltet hier den Herbizideinsatz vor und nach der Saat; als Unterfußdüngung wurden nur 32 kg/ha N verabreicht (Leguminosen-Fruchtfolge).

Die Arbeitskosten verursachten nur etwa 3 % des Produktionsaufwandes von weniger als 70 €/ha. Die Treibstoffe beanspruchten knapp 30 %, die Reparaturen mehr als 30 % und die Abschreibung schließlich 37 % der Produktionskosten. Davon entfielen fast 50 % auf die Ernte.

(-> vergleiche den Betrieb in Ostwestfalen am Ende des Kapitels "Kosten und Betriebsaufwand")


-> zur Fortsetzung